Es war soweit. Das Team www.untertage-übertage.de war zu Besuch bei den Bunkersachsen im Vogtland. Fünf herrliche Tage mit fünf U - Verlagerungen in Sachsen und Thüringen standen neben Altbergbau auf dem ausfüllenden Programm. Der erste Tag stand im Zeichen der folgenden Anlage und war die mit dem wenigsten "U - Anteil".

U-Verlagerung „LACHS“ – Werk „REIMAHG A“

Konstruktionsnummer: 70. Bau- Objektnummer 30(5000)

spätere Nachnutzung durch NVA

UTA Großeutersdorf / Komplexlager Teil 2 -16/10/305

 

Karte erhalten bei einer der angebotenen Führungen des Vereins


Tourtagebuch von Olly. Auszüge

Morgens ist der Tag noch am schönsten...
...heißt es im Volksmund. Doch unser Morgen an jenem Tag, als wir zum ersten mal den Walpersberg besuchten, fing gar nicht so richtig schön an. Doch das sollte sich im Laufe des Tages noch gründlich ändern. Nach viel zu kurzer Nacht standen wir viel zu früh im Sächsischen Vogtland auf. Wie es sich für richtige Bunkersportler gehört, zogen wir es vor zu Zelten, als wie eine Dose Kieler Sprotten im gemütlichen, rustikalen, aber viel zu kleinen Wohnzimmer zu pennen. Gestern in Wuppertal sind wir noch mit einem T-Shirt bekleidet gestartet - und heute: Schneeregen, knackige Null Grad mit Sturmböen. Na toll, dass kann ja was werden. Der Himmel zeigte sich in den herrlichsten Bunkerfarben von Steingrau über Betongrau bis hin zu Dunkelgrau. Nachdem unsere Gastgeber uns ein leckeres Frühstück mit viel Kaffee und Tee zubereitet hatten, verschwand schon der erste Grauton über unseren Köpfen.

„Einwurf der Bunkersachsen: das sogenannte „Schneegestöber“ waren lediglich ein paar harmlos Flöckchen die sich in die Wolken über Pausa verirrt hatten und nun gemächlich herab tanzten. Im Vogtland wird so etwas unter NORMAL verbucht - ha, ha. (Bunkersachse A.F.)“

Schon kurze Zeit später, nachdem wir unsere heutige Ausrüstung zusammen gepackt hatten, fuhren wir in Richtung Thüringen. Kurz nachdem wir das Bundesland Sachsen verlassen hatten, irgendwo bei Zeulenroda, entdeckten wir ein blaues Loch im grauen Himmel, und je näher wir Kahla kamen, desto besser wurde auch das Wetter. Tja, wenn Engel reisen. Als wir dann endlich am Fuße des Walpersberges parkten, war auch der zweite Grauton am Himmel verschwunden und die Sonne schien auf unsere aufgeregten Leiber. Der letzte Grauton, das Betongrau, durfte nicht verschwinden, denn wir wollten uns ja die gewaltigen gesprengten Bunkerruinen der ehemaligen Rüstungsfabrik ansehen und natürlich auch fotografisch festhalten. Danach fand eine tagesfüllende Begehung des ehemaligen Rüstungswerkes statt. Unser Gastgeber und Leiter der Exkursion „Bunkersachse“ führte uns zu (fast) allen wichtigen Stationen rund um die Untertage - Verlagerung „LACHS“ und erklärte uns fachlich kompetent die einzelnen Objekte.

Wir sahen die Reste von den gewaltigen Montagebunkern, die Werkstattgebäude, gesprengte Stollenmundlöcher, die ehemalige Startbahn auf dem Bergrücken und jede Menge Beton im Wald. Danach ging es zurück nach Sachsen, wo mittlerweile auch wieder besseres Wetter herrschte. Bei einem zünftigen Lagerfeuer und ein paar leckeren Pilsken endete dieser tolle Tag fernab unserer Stamm - Trinkhalle in Nord - Rhein - Westfalen. So Freunde, jetzt ist das Vorgeplänkel am End und es geht hier nun weiter mit der Geschichte über die U - Verlagerung „LACHS“ bei Kahla.

Ein Teil der fertig ausgebauten Stollen und Kammern war für die Unterbringung von Büros und Lagern vorgesehen. Während die Stollen 1 - 20 sich noch in dem Altbergbaubereich der ehemaligen Grube Großeutersdorf befanden, wurden die nun neu anzulegenden Stollen 21 - 36 im nächsten Bauabschnitt mit einem größeren Querschnitt projektiert. Die „kleineren“ Stollen sollten eine Breite von 6 Metern und eine Höhe von 4 Metern haben. Die großen Produktionshallen sollten bei Fertigstellung eine Höhe von 9 Metern und eine Breite von 15 Metern haben. Dieses sollten die Stollen 33 - 36, die zentralen unterirdischen Montagehallen sein. Bei kompletter Bauausführung waren diese vier Kammern das Herz der Anlage. in denen alle Flugzeugteile und Baugruppen aus den anderen Montagestollen zusammen kamen und zum fertigen Flugzeug zusammengebaut wurden. Die beiden mittleren Kammern, Stollen 34 und 35, führten direkt nach übertage, in den sich am Südhang des Walpersberges befindlichen Bunker 0, in dem dann die Endkontrolle des Düsenjägers stattfand. Der Bunker 0 hatte eine Größe von 100 x 25 Metern und eine Wand- und Deckenstärke von 3 Metern Stahlbeton. Verschlossen war der große Luftschutzbunker mit Beton gefüllten Stahlschiebetoren. Zwei der Tore sind heute noch im Wald zu finden, wobei nur eine kleine Ecke aus den Trümmern der gesprengten Montagebunkern herausragt.

Wie gigantisch das unterirdische Werk „LACHS“ werden sollte, geht aus den Daten der projektierten Produktionsflächen hervor. Die untertägige Fabrik sollte bei Fertigstellung eine Arbeitsfläche von 150.000 qm haben. Davon fielen allein 27.000 qm Produktionsfläche auf das Kernstück der U - Verlagerung, die Stollen 33 - 36. Hinzu kamen nochmals 50.000 qm Produktionsfläche in Luftschutzbunkern und übertage - Anlagen. Somit war die U -Verlagerung „LACHS“ mit einer Gesamtproduktionsfläche von etwa 200.000 qm Fläche einer der größten geplanten Untertage - Verlagerungen im Dritten Reich. Das komplette Stollensystem im Walpersberg sollte eine Länge von 30 Km erreichen. Etwa die Hälfte, also 15 Km Stollenstrecke, war nach etwa einjähriger Bauphase gegen Ende des Krieges fertiggestellt und hatte auch schon die Produktion der Me 262 aufgenommen.

Wie bei fast jeder unterirdischen Fabrik waren neben den Stollenanlagen auch eine ganze Reihe von Tagesanlagen nötig um den reibungslosen Produktionsverlauf zu gewährleisten. Neben den überaus wichtigen Verkehrswegen wie Schmalspurbahn und Straßen, hatten die übertägigen Bauwerke der U - Verlagerung „LACHS“ eine Sonderstellung im Rüstungswesen, denn hier auf dem Walpersberg sollten die fertigen Flugzeuge ja direkt in den Einsatz starten. Hinzu kamen auch noch eine ganze Reihe von Bunkerfabriken, teilverbunkerte Werkstätten, Magazine, untertägige und übertägige Lagerplätze und zwei Schrägaufzüge. Einer diente zum Materialtransport zwischen dem Reichsbahnanschluss in der Talsohle und den Stollenmundlöchern, der zweite Aufzug wurde für den Transport der Flugzeuge auf den Bergkamm, also zur Startbahn gebaut.

Die Tour mit Bunkersachse - Bunkerruinen von „LACHS“ 2011
Begeht man heutzutage das ehemalige Gelände der REIMAHG - Werke, fallen einem sofort die riesigen Schutthalden und Betonwände auf. Dieses waren zur Zeit der Rüstungsstätte massive Hochbunker und verbunkerte Werksanlagen, welche nach dem Krieg allesamt gesprengt wurden. Es gab hier bombensichere Luftschutzbunker  mit einer Wand- und Deckenstärke von drei Metern stahlarmierten Beton und einige Werkshallen, die auch mit einer Betonschicht ummantelt wurden, allerdings nicht als hundertprozentig Bombensicher galten. Die übertägigen Produktionsstätten am Fuße des Berges von Osten nach Westen.

Zum Ausklang eines jeden Tages gab es beim gemütlichen Beisammensein am Lagefeuer und einem guten Bierchen jede Menge Gesprächsstoff. Wurden noch die letzten Eindrücke des Tages ausgewertet, kamen auch schon die ersten Fragen zu der nun am kommenden Tag folgenden U - Verlagerung. (A.F.)

Text: Olly, leicht bearbeitet von Axel

Fotos: © Jens

Im Propagandastreifen "Waffen - Hände - Herzen" sind einige der seltenen Filmaufnahmen zu sehen, die die unterirdischen Arbeiten in den Stollen zeigen.

Bilder 1 bis 3: Bunker 1. Tragflächenmontage

Bild 4: Windenhaus für Waggonaufzug

Bild 5: Bunker 2, Endmontage, von hier aus wurden die Me 262 über den Aufzug zum

         Startvorbereitungsplatz gebracht

Bild 6: Werkstatt 1

Bild 7: Unvollendete Brücke über das Dehnatal

Blick von der nahe gelegenen Leuchtenburg auf den planierten Bergrücken

© 2011 Team Bunkersachsen & www.untertage-übertage.de

Ein kompletter Bericht über die Erkundung ist bei Dokumentationen Teil III enthalten

Ergänzender Nachtrag

Im hervorragenden Autorenwerk
„AN VORDERSTER FRONT – Ausgesuchte Forschungsergebnisse zur Geschichte, zum Ausbau und zum Betrieb der Untertageanlage Blankenburg (NVA Komplexlager 2), als Element der vorgeschobenen Versorgungsbasen“ aus 2011
ist über die U – Verlagerung LACHS zu lesen

„Der zweitgrößte unterirdische Betrieb in der SBZ wurde 1944 – 45 in Großeutersdorf gebaut. Für die Werkhallen der Fabrik wurden bereits vorhandene Stollen im Berg genutzt, in denen vorher Ton abgebaut worden war. Die Gesamtlänge der Stollen betrug 35km, ihre durchschnittliche Tiefe 200m. Auf dem Gipfel des Berges unter dem die Fabrik verborgen war, gab es einen Flugplatz, der über eine Drahtseilbahn mit dem Fuß des Berges verbunden war. Die Werkhallen waren 18 x 32m groß und 8m hoch. Die Wände der Stollen waren mit Beton und Steinen verstärkt, innerhalb der Werkhallen konnten ohne weiteres große LKW fahren.

Alle unterirdischen Einrichtungen waren an die Kanalisation angeschlossen, hatten fließendes Wasser und Lufterhitzer bzw. Elektroheizung. Das Belüftungssystem sorgte für einen geregelten Luftaustausch. Jede der drei leistungsfähigen Belüftungsmaschinen pumpte 54. 400 Kubikmeter Luft pro Stunde unter die Erde. Außer den Werkhallen befanden sich auch noch das Konstruktionsbüro, die Kantine und andere Räume unter der Erde. Der Betrieb hatte bis zu 40 Ausgänge. Die geplante Produktionskapazität der Fabrik war 1. 000 Messerschmitt Me 262 pro Monat. Zum Zeitpunkt der Kapitulation Deutschlands war der unterirdische Koloß allerdings erst teilweise in Betrieb gegangen und hatte lediglich einige Flugzeuge hergestellt [1].
Auch dieses Werk wurde im April 1945 zuerst von amerikanischen Truppen besetzt, gründlich inspiziert und teilweise demontiert[2]“.

[1] Rechenschaftsbericht über die Arbeit der SMAD für die Zeit vom 1.7.1945 bis 1.1.1947, Teil IV, Ermittlung, Erfassung und Liquidierung der Militär- und Rüstungsobjekte, in GARF7317/12/12, Bl. 64-65

[2] Vgl. CIOS, Report Nr. 4, 5, 25 und 30 (1945): Underground Factories in Central Germany


Getippt: Axel

Team Bunkersachsen 2013

 

 

 


 

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