U – Verlagerung NANNY

 


Besichtigung der Felsen- und Gewölbekeller der ehemaligen Actien Brauerei Plauen.

Die Gründung der Brauerei geht auf das Jahr 1857 zurück. Am 23. Oktober dieses Jahres wurde der Actien – Brauverein von 200 Hausbrauern gegründet. Diese brachten damit ihre „Braugerechtigkeit“ mit ein. Der Felsenkeller wurde an einem Begabhang angelegt und verfügte von Anfang an über qualitativ vorzügliches Wasser. Am 01. Juli 1858 erfolgte die Grundsteinlegung und im Oktober 1859 erfolgte der Braubetrieb und der erste Sud wurde gebraut.

Auszug - Tagesbericht
(Bfg - 2011)
Nach einiger Vorbereitungszeit kam es zu einer Besichtigung der Gewölbekeller der ehemaligen Actien – Brauerei. Wichtig für diese Zusammenkunft war unter anderem das Beisein eines Zeitzeugen, der natürlich so einiges zu berichten wusste.
Die Kelleranlage im Tonnengewölbe erstreckt sich über mehrere Stollen in einer Ebene. In einem der Bereiche befindet sich ein alter, inzwischen verschlossener Erzzugangsstollen der in die Tiefe führt. Eine schöne Anlage, die sich durch Strecken im Rohausbau im stehenden Gebirge abwechselnd mit gemauerten Gewölbekellerräumen, Streckenkreuze und Portalen auszeichnet.

Die Untertage Verlagerung NANNY

Konstruktionsnummer 182.
Zuständig war die Organisation Todt / OT - Einsatzgruppe IV / IVa Land Sachsen

Bau- Objektnummer: 6021

Der Ausbau der für die Kriegsproduktion notwendigen Keller begann 1943.
1944 wurde in der untertage Verlagerung der „VOMAG“ (Vogtländische Maschinen AG - Panzerwerk), damit begonnen, 150 Universalmaschinen unterzubringen. Ab diesem Zeitpunkt wurden Panzerteile für Halbkettenzugkraftwagen 18 Tonnen, Panzerkampfwagen IV und Jagdpanzer IV in dem umfassenden Stollensystem produziert. Hauptsächlich wurden hier Fein- und Feinst - Mechanikteile hergestellt. So zum Beispiel Zahnräder, Wellen und Naben der Planetenkäfige für die Getriebe in den Panzermotoren. Weiterhin beinhaltete die Produktionspalette noch Einzel- und Kleinteile wie etwa Flansche für die Kugellager. Die unterirdische Verlagerung hat eine Abdeckung von bis zu teilweise 30 Metern. Durch mehrere Bombenangriffe auf die vogtländische Gardinenstadt Plauen, die auch das Gebiet der Brauerei betrafen, wurde diese U – Verlagerung aber kaum in Mitleidenschaft gezogen. Es kam lediglich zu einigen Stromausfällen. Die Brauerei wurde allerdings völlig zerstört, es gab zwei Todesopfer im Betrieb zu beklagen.
In der U - Verlagerung produzierten die hier eingesetzten Arbeitskräfte kriegswichtige Panzerteile. Da dies ausnahmslos Präzisionsteile waren, wurden an den Spezialmaschinen auch nur Personal aus dem Stammbetrieb des Panzerwerkes eingesetzt.
Umfangreiche Maschinenfundamente und sogar noch einige Montagehilfen stehen in dem weitestgehend unbekannten Untergrund. Der Notausstieg diente gleichzeitig als Wetterschacht. Auch hier hat sich nichts verändert, außer das die damalige Notleiter aus Holz durch eine aus Stahl ersetzt wurde. Hier ist auch der Bereich mit der meisten Überdeckung (30m). Noch eine ganze Reihe kleinerer Relikte harren dort der Entdeckung. Eine Luftdruckleitung durchzieht noch große Teile der Anlage. Auch Keramiksicherungen verschiedenster Größen harren seit ihrer Auswechslung in den stummen Gemäuern der unterirdischen Produktionsanlage. Die Halterungen für die verschiedensten Kabel, Gerippe der Verteilerkästen und allerhand Relikte der sich hier befundenen Maschinen flankieren die Produktionsstollen. Fundamente verschiedenster Art zeugen vom Standort der Präzisionsmaschinen. Auch teilweise Original Beleuchtung bzw. Birnenkäfige sind noch zu finden. Hinter einer hochgezogenen Mauer mit zwei Kabeldurchlässen befand sich ein Niederspannungstrafo.
NANNY verfügte über zwei Zugänge und zwei Längs- sowie vier Querstollen. Der dritte Querstollen wurde komplett für die Kriegsproduktion genutzt. Ende 1944 wurden noch 130 m in den Berg gesprengt und sofort mit der Produktion begonnen. Diese Bereiche sind noch im kompletten Rohausbau und nicht vermauert. Die Sprengungen erfolgten während des laufenden Betriebes. Für den Transport der Maschinen und später gefertigten Rüstungsgüter wurde eigens ein Gleis in die Anlage verlegt. Auch dieses ist heute noch komplett erhalten. Allerdings breiter als Schmalspur, sicherlich den Transportwagen der VOMAG (Panzerwerk) entsprechend. An den Felswänden findet man bei genauer Betrachtung eingeritzte Buchstaben und immer wieder die Jahreszahl 1944. Sicherlich haben sich hier Schutzsuchende oder hier eingesetzte Arbeiter verewigt.
Um zu verdeutlichen mit welcher Präzision in dieser unterirdischen Anlage produziert wurde folgt hier eine Auflistung der in das Stollensystem verlegten Maschinen.

Drehbänke
Revolverdrehbänke
Fräsmaschinen                              vertikal
                                                       horizontal
                                                       Langgewinde
                                                       Abwälz
Zahnradstoßmaschinen
Bohrmaschinen
Zahnflankenschleifmaschinen
Rundschleifmaschinen
Hohlschleifmaschinen
Nutenschleifmaschinen
Feinstbohrwerk
Räummaschine
Werkzeugschleifmaschinen

Quelle: „Plauen – Germany  Im Bombenkrieg 1944  / 45“  PG – Verlag 2011

Die Untertage Verlagerung NANNY war den Alliierten bis Kriegsende nicht bekannt.

Bei Fliegeralarm wurden die Gewölbe mit den brisanten Produktionsbereichen für den Luftschutz genutzt. Die Abstände zwischen den Maschinen wurden mit Brettern ausgelegt. Auf diese Bretter konnten Babys und Kleinkinder gelegt, versorgt oder beruhigt werden.
Russen, Belgier und auch Fremdarbeiter arbeiteten neben den Werksangestellten im Keller und mussten bei Luftangriffen die Keller verlassen. Sie suchten dann im Freien zwischen den Bäumen und am Flussufer Deckung. Die Fremdarbeiter und Kriegsgefangenen übernachteten in einem großen Tanzsaal einer nahegelegenen Kneipe. Zur Arbeit wurden sie morgens von HJ Pimpfen und Mädels des BDM (Hitler Jugend & Bund Deutscher Mädchen) geführt und abends entsprechend zurückgebracht. 3 - 4 Kinder und jugendliche haben die ca.120 – 130 Gefangenen ohne nennenswerte Ereignisse durch die Straßen Plauens zur Arbeit untertage geführt..

Eine ständige Nutzung der Felsenkeller erfolgte nach Kriegsende nicht mehr.

Vor wenigen Jahren war beim Verlassen der Kelleranlage das verschlossene Mundloch „Grube Vereins Segen“ zu sehen. Heute befindet sich an dieser Stelle eine triste graue Wand.

Zu dieser Befahrung sind mittlerweile noch einige hinzugekommen. Dank des überaus arrangierten Chefs der heutigen Sternquell – Brauerei, Herr S. Auf diesem Wege dafür den gebührenden Dank. Ansonsten wird der Felsenkeller nur ganz selten und zu einem kleinen Teil zugänglich gemacht.

Text: Axel
Fotos: © Jens, Rainer & Lutz (Axel - Mundloch)

 

Bildserie von Loreen, 2013

Danke nochmals, Loreen

 

Quellen:
Erläuterungen durch Herrn S.
Ein Zeitzeuge
Bei den Befahrungen gesammelte Eindrücke und Aussagen

Bericht Luftschutz Plauen

© Team Bunkersachsen 2009 / 2010 / 2011 / 2012 / 2013






 

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