Freitag 23. Mai 2014     Zeitgeschehen     Freie Presse
Das Thema: Feldpost im ersten Weltkrieg

Lebensader in die Heimat
 

Briefe und Karten waren vor 100 Jahren für viele Familien die einzige Möglichkeit, Kontakt zu halten. Entsprechend wichtig war die Feldpost. Leser haben der „Freien Presse“ nach einem Aufruf tausende Dokumente geschickt – entstanden ist daraus eine Serie, die am Montag beginnt.

 

 

X. Landsrurmsoldat Otto Ritter, Gefallen 09.07.1916

Feldpost (41)

Stets, ein eifriger, braver, zuverlässiger Soldat

Im Felde 10. VII. 1916

Sehr verehrte Frau Ritter!

Mir fällt heute die schwere Aufgabe zu, Sie von einem sehr schweren Schlag in Kenntnis zu setzen, der Sie und Ihre Kinder betroffen hat.
Ihr guter Mann, der schon seit wohl Jahresfrist seinem Vaterland dient, der seit 12. April 1916 hier bei der Kompagnie im Felde jederzeit treu und brav seinen Dienst versieht, ist am morgen des 9. diesen Monats einer tückischen feindlichen Kugel beim Postendienst zum Opfer gefallen. Ein Brustschusz hat ihn sofort das Leben gekostet.

Es ist mir als Kompagnieführer, der selbst Familienvater ist, eine sehr schwere Aufgabe, Ihnen eine solch furchtbare Mitteilung machen zu müssen. Es ist aber meine Pflicht und Sie dürfen überzeugt sein, dasz ich aufrichtigen Anteil nehme an den schweren unersetzlichen Verlust, den das Vaterland
von Ihnen fordert.

Ihr Mann ist stets ein eifriger, braver, zuverlässiger Soldat gewesen, der gern die schweren Pflichten auf sich genommen. Seine Vorgesetzten können ihm alle nur das beste Zeugnis ausstellen und ich darf Sie der Teilnahme aller Vorgesetzten und Kameraden versichern.

Möge Gottes gnädiger Christus Ihnen den schweren Schlag überwinden helfen und mögen Ihre drei Kinder, die so plötzlich ihres lieben, sorgenden Vaters beraubt sind, Ihnen echte Stütze werden, die Ihnen in deren glücklichen Besitz helfend zur Seite stehen.

Ihr Mann ist bereits am 10. auf dem Friedhof von St. Martin beigesetzt worden. Seine Sachen werden Ihnen baldigst zugehen.

Mit nochmals aufrichtiger Anteilnahme und besten Wünschen für Sie u. Ihre Kinder verbleibe ich Ihren Schmerz aufrichtig nachfühlend

Kompagnieführer
Hauptmann Kühn


Zur Post:
Landsturmsoldat Otto Ritter starb laut Sterbeurkunde am 9. Juli 1916 im französischen Ort Auberive. Der hier abgedruckte Brief richtet sich an seine Frau Johanna. Das Foto zeigt die Kinder von Otto und Johanna Ritter: Irma, Willy und Herta (von links): Das Bild ist vermutlich Anfang der 1920er Jahre entstanden, schätzt G. Merkel, die das Material der „Freien Presse“ zugeschickt hat. Sie ist die Tochter von Willy und somit die Enkelin von Otto und Johanna Ritter.

Als Otto Ritter starb, waren seine Kinder noch klein. Willy war vier, Herta war drei und Irma war ein Jahr alt. Weil seine Kinder ihn kaum kennengelernt haben und auch seine Frau jung starb, ist über Otto Ritter nicht mehr viel bekannt, sagt G, Merkel. Zum Kriegsdienst eingezogen wurde er vermutlich im Jahr 1915. Gelernt hatte er laut Sterbeurkunde Zimmermann. Die Familie stammte aus dem vogtländischen Troschenreuth, das heute nicht mehr existiert.

Die Übertragung des Briefes wurde von den Nachfahren Otto Ritters vorgenommen und beibehalten.



XI. Soldat Georg Meyer, 14.02.1889

Feldpost (42)

Wunsch nach Schedewitz zu kommen erfüllt

Höchstwahrscheinlich Anfang 1915 schickte Gertrud ihrem Ehemann Georg Meyer folgende Feldpostkarte.

Mein lieber Gatte!
Verzeih mir, das es bloß eine Karte ist, habe leider keinen Briefbogen mehr zu Hause. Deine beiden karten erhielt ich heute früh. Ist Dir doch Dein Wunsch nach Schedewitz zu kommen erfüllt. Wollen hoffen, daß Dirs hier gefällt: Richter Hanne kann sich nicht genug wundern, daß Oskar nicht bei Dir ist, hatte er sich doch auch zur 4. gemeldet.
Sieh mir zu, daß Du Sonntag kommen kannst. Wenn nicht, dann schreibe mir bitte sofort einen recht langen Brief. Werde mich dann auch abfinden, und das heut versäumte nachholen.

Wie ist denn die Kost. War gestern bei Mutter hutzen. Morgen wird die Schubert Fanny vom Erdäppel Schubert beerdigt. Auch Wagner Briefträger ist gestorben. Butter ist bis heute noch nicht eingegangen, hoffentlich Sonnabend.

Auf baldiges Wiedersehen hoffend
grüßt Dich
Gertrud und Werner


Zu seinem Geburtstag desselben Jahres schickte Gertrud Georg die folgenden Wünsche


Schlettau, 14./2.15

Die herzlichen Glück und Segenswünsche zu Deinem heutigen Geburtstage. Wollen hoffen und wünschen, das Du ein recht glückliches und gesegnetes Lebensjahr antrittst.

Mög Dich Gott vor Krankheit und anderen Unfällen schützen und mög es unsern lieben Gatten und Papa recht bald zu seinen Lieben Heimkehren lassen.

Ein recht inniges „Gott mit Dir“ sendet Dir unter 1000 Grüßen und Küssen Deine Dich liebende Gattin und Sohn



Zur Post:
Diese beiden Postkarten erhielt Landsturmsoldat Georg Meyer von seiner Ehefrau Gertrud aus Schlettau – vermutlich kurz nach seiner Einberufung nach Schedewitz bei Werdau.
Nach den Recherchen von Georg Meyers Urenkel M. Meyer, der der „Freien Presse“ Auszüge aus der Korrespondenz seiner Urgroßeltern schickte, wurde Georg Meyer am 14. Februar 1889 in Schlettau geboren. Im Februar 1915 wurde er also 26.Jahre alt. Er war der Sohn eines Färbereibesitzers und hatte sechs Geschwister. Schon früh halfen er und seine Geschwister in der Firma der Eltern.
Georg besuchte acht Jahre lang die Schlettauer Knabenschule und absolvierte im Anschluss daran eine Lehre zum Drogenrist. Nach dem Wehrdienst fand er Anstellung in einer Schlettauer Fabrik, in der Schmuckelemente für Textilien, sogenannte Posamenten, hergestellt wurden. Zunächst war er dort als Kaufmann tätig, später als Buchhalter. Am 29. August 1918 heiratete er Gertrud Hartmann, welches die Tochter eines Konditors und Restaurantbetreibers war. Am 16. November 1914 wurde Sohn Werner geboren.

Die Übertagung der Postkarten wurde von den Nachfahren Georg Meyers vorgenommen und beibehalten.

 

 

Feldpost (43)

Die Kaserne scheint wunderschön zu liegen

Schlettau, den 14.3.15

Lieber Georg!
Diene liebe Karten erhalten, danke ich dir bestens dafür. Nun, wie gefällt dir denn das Kasernenleben, die Kaserne scheint ja wunderschön zu liegen. Aus den Federn musst Du Dich nun schon ein bisschen eher raus machen. Wie ist die Untersuchung ausgefallen? Vater war am Donnerstag nochmals in Annaberg um Dich nochmals zu treffen, doch ward ihr schon zur Bahn. Lieber Georg, schreibe mir ja, wenn Du etwas gebrauchest. Schicke ich dir vielleicht diese Woche was zum Schnabulieren. Vorläufig weiß ich weiter nichts, schreibe dir nächstens einen Brief. Sei recht herzlich gegrüßt und geküsst von Deinem lieben Weibel und Deinem Bub.

Es grüßt ganz herzlich Vater, Klara und Dora


Zur Post:
Die Postkarte mit dem Motiv des Jungen im Matrosenanzug schickte Gertrud an ihren Ehemann, Soldat Georg Meyer. Er und seine Familie stammten aus dem erzgebirgischen Schlettau. Das Familienfoto zeigt Gertrud und Werner. Eine andere Karte zeigt die Römerbrücke bei Steinpleis, bei der Soldat seinen Posten hatte. Eingesandt wurde Georg und Gertrud Meyers Post von ihrem Urenkel M. Werner. Die Übertragung der Postkarte wurde von den nachfahren Georg Meyers vorgenommen und beibehalten.

 

 

 

Quelle: Freie Presse

 

Team Bunkersachsen 2014

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