Die Dynamit Aktien Gesellschaft, ehemalige Alfred Nobel Christianstadt.

Auf einer Fläche von ca. 2 240 Hektar wurden zwei Fabriken mit insgesamt etwa 800 Bauwerken zur Sprengstoffgewinnung errichtet. Unter den Tarnnamen "Ulme" und  "Rüster" wurde ein Sprengstoffwerk sowie eine Säurefabrik gebaut, die zu den größten und mordernsten seiner Zeit gehörten. 
Nach 1945 demontierte man Teile der Produktionsanlagen und transportierte sie in die Sowjetunion. Zurück blieben Hunderte zum Teil gesprengter Bunker und Gebäude.

Deckname „ULME“ & "RÜSTER"

© Jens


Vorbereitendes Gespräch zur Erkundungstour mit einem „Spezi“ in Sachen Sprengmittelwerk
„ULME“

Axel. „E. für unsere Tour nach Christianstadt – Sprengmittel Aktien Gesellschaft, was      konntest du da ermitteln, bzw. recherchieren?“
E. „Ich hab bisher feststellen können, das praktisch in Christianstadt Nitrozellulose hergestellt wurde, für „Scheuno“ (Sprengchemie - Deckname „WALD“ A.F.). Die Gebäude sind alle noch zu sehen, aber zum Teil gesprengt. Diese wären zu besichtigen, dann die großen Kraftwerke die überirdisch sind, Bewässerungsanlagen dazu auch die Turbinenhäuser. Auch Entsorgungs- und Wasserwerke. Es gibt dort „Schweizer Häuschen“, die sehen so aus wie die, sind aber die Hochkonzentrierungsanlagen, genau so wie in „Scheuno“, aber die sehen dort anders aus. Aber dazu dann wenn wir da sind mehr. Bei einigen Gebäuden wissen wir noch nicht für was sie dienten, aber feststellen konnten wir die Feuerwehr, Schießplatz (Kugelfang A. F.) und solche Sachen. Wir sehen uns am „Schweden Wall“ einige Lager an, Judenlager, Frauenlager und Lager für französische Kriegsgefangene, Offiziere allerdings“.
Axel. „Vom Größenverhältnis her zu „Scheuno“, wie kann ich mir das in etwa vorstellen?“
E. „Ist mindestens das doppelte, ca. 1. 200ha. Auch von den Bunkern her ist dass das doppelte, da wurden auch Granaten gefüllt, und zusammen gebaut. Aber in diese Objekte können wir noch nicht rein, da ist noch die polnische Armee drin mit Lichtschranken gesicherten Zaun...........“
Axel. „Weil du sagtest, „Schweizer Häuser“, war das als Tarnung vorgesehen oder eine bauliche Vorgabe?“
E. „Die „Schweizer Häuser sehen so aus von der Konstruktion mit Balkons und tiefgezogenem Dach, ja, und es war eben als Tarnung. 1953 hatten die Polen schon einmal begonnen das Gelände zu räumen, büßten dabei aber 9 Leute ein, durch Strahlung sind die kaputt gegangen. Das hab ich durch die polnische Armee erfahren. Die hatten damals auch Angst bei uns in „Scheuno“. Ich denk mal die haben hier an der „Dreckigen Bombe“ gebaut.
In „Scheuno“ wurden ja auch beispielsweise die Brennstäbe für die V 2 hergestellt.
Da wo jetzt die polnische Armee noch drin ist, hab ich neulich Bilder gesehen von einer großen Explosion, wo es über 260 Tote gab. Die Explosion war 1943, ich kann jetzt nicht genau sagen, 43 oder 44. Die Bilder stammen von einem Mann der war im Objekt als Stabsfeldwebel hier in deutschen Diensten. Und mit dem hab ich mich hier im Objekt unterhalten. Der hatte mir die Fotos gezeigt, man muss davon ausgehen, das Loch war nach der Explosion  20 m Tief und 60 m Breit. Es standen nur noch Reste von den Eingangstoren. Da war Flakgranaten Produktion. Er erklärte, dass das Förderband kaputt war, und das Füllpulver verstreut wurde wo die Granaten verfüllt wurden. An diesem Förderband hat man dann Schweißarbeiten durchgeführt und das herumliegende Pulver entzündete sich wahrscheinlich.. Für den Stabsfeldwebel war nichts mehr zu kontrollieren, und er hatte die Halle verlassen, kaum hatte er die Tür von seinem Büro hinter sich geschlossen gab’s auch schon den großen Knall. Dadurch hat er den Gau überlebt, wie gesagt, über 260 Leute sind da in der Produktionshalle gestorben. Wenn wir die Erkundung machen, hab ich auch einen polnischen Kameraden dabei, der uns auch dolmetschen kann, der war aber als Kind auch hier drin und kennt so einiges“.
Axel. „E. vielen Dank für diese Infos, und wir freuen uns schon auf die gemeinsame Erkundung“.
Und diese Tour sollte wiedereinmal so einige Register an baulichen Besonderheiten und „Giganten“ ziehen.

Geschichtliche Vorbetrachtung.

„Geheime Reichssache“
Spezial - Sprengstoff - Fabrik „Ulme“ im Christianstädter Forst zwischen Oder und Neiße


Die Vermessungsarbeiten begannen 1936 durch eine Stettiner Vermessungsfirma. 1939, kurz vor Beginn des Krieges, wurde mit den geplanten 800 Gebäude begonnen.

Auf diesem sehr umfangreichen Gelände wurden Spezialsprengstoffe im Auftrag des Heereswaffenamtes des Deutschen Reiches produziert. Das Werk, die Baracken sowie feste Lager wurden von der Siemens - Tochter Siemens - Bauunion GmbH KG, Berlin / München in Zusammenarbeit mit weiteren ansässigen und Firmen des Reiches errichtet. Die Planungen für „ULME“ war bereits 1938 in vollem Gange, und das als Geheime Reichssache eingestufte Areal im Staatsforst wurde „zur Errichtung eines Rüstungsbetriebes größten Ausmaßes“  bestimmt. Die Fabrik ist nicht im Bestand des BA Berlin - Lichterfelde NS 19/3347 betreffend der Verlagerung von Kriegswirtschaft Untertage und Einsatz von Bergleuten für unterirdische Baumaßnahmen erwähnt. In „ULME“ wurden kaum Bunker, Gebäude oder Komplexe unterirdisch angelegt. Lediglich die Fundamente der Wasser- und Kraftwerke lagen teils unter der Erde oder waren angeschüttet. Allein die Munitionsbunker lagen unterirdisch, allerdings mit geringer Aufschüttung, sicherlich um ein Abheben der Decke bei einer Explosion zu gewährleisten.  Die geplante Nitrocellulose - Fabrik Christianstadt, “ULME“ sollte die Fabrik der Deutschen Sprengchemie GmbH Scheuno, „WALD“ beliefern. Hierzu musste das Werk um eine Salz - Großanlage mit Geschossfüllstelle und einer Nitroguanidinfabrik nach Mitteilung der Reichsstelle für Raumordnung erweitert werden.
Diese Sprengstofffabriken waren fast alle nach einem bestimmten System aufgebaut. Die Produktionsabläufe ähnelten sich bis auf wenige Ausnahmen.
Die einfachen Eisenbetonbauten bestanden aus einer Art Betonskelett, in welches noch während der weiteren Bauphase die benötigte Technik eingebaut wurde. Es folgten die Ziegeleinbauten, hauptsächlich zwischen den Wänden so das sie bei einer Explosion dem Druck nachgeben konnten und um damit die komplette Zerstörung durch die entstehende Druckwelle zu verhinderten. Die niedrigeren Dächer waren aus Tarnungsgründen bepflanzt und hatten hierfür extra eine eingezogene zweite isolierte Decke. Die verschiedenen Produktionshallen, Bunker und Versorgungsgebäude befanden sich getrennt voneinander, um bei Havarien oder eventuellen Explosionen durch Flieger oder Unachtsamkeit der Belegschaft ein Ausweiten auf die gesamte Produktionskette zu verhindern.
Es wurde im Auftrag des HWA(Heeres – Waffen – Amt) für das Heer produziert. In „ULME“ wurde laut Reichsbetriebskartei Sprengstoff für schwere Infanterie, MG, Artillerieschosse ab 7,5 cm, Granatwerfer sowie Flugzeugbomben hergestellt und verfüllt

Oberhalb des Werkes wurde am Bober ein Wasserwerk zur Wasserversorgung der Fabrik errichtet und das Wasser des Flusses an verschiedenen Stellen abgepumpt und in zwei verschiedenen Auffangbecken zum Klären gebracht. Beide Anlagen waren im Dualen System angelegt und liegen etwas über geschätzte 500 m von einander getrennt. Nach dem Durchfließen der Klärbecken wurde das Wasser über ein Vorpumpwerk zu einer Schnellfilteranlage gedrückt und weitestgehend gereinigt. Von hier aus kam das Wasser zu den Hauptpumpwerken, um unmittelbar dem Versorgungsnetz zugeführt zu werden.
Die Verwaltungs- und Produktionsgebäude liegen ausschließlich oberirdisch und wurden gegen Fliegerangriffe oder Aufklärungsflüge getarnt. Mehreren bunkerartige Betonbauten sind mit Erde an- oder aufgeschüttet.
Im Sprengmittelwerk wurde trotz der näher rückenden Roten Armee weiter produziert. Selbst bei den sich abzeichnenden unmittelbar bevorstehenden Kämpfen lief die Produktion bis Ende Februar 1945 weiter. Die hergestellten Granaten wurden noch zum großen Teil  in bereitgestellte Güterwaggons verladen, die Transporte konnten aber wegen zerstörter Gleisanlagen oder auch Kohlemangel nicht mehr abtransportiert werden..

Die Tour

Es war ein typischer Apriltag bei der Anreise zu unserer „ULME“ – Tour, und um es vorweg zu nehmen, das Wetter sollte die ganzen drei Tage lang verregnet und ungemütlich bleiben. Aber was soll’s, die Planung und Vorbereitungen waren abgeschlossen und der Termin stand, da gibt es kein zaudern. Also Anreise, und Quartier beziehen in Sommerfeld in einem polnischen Hotel. Schon auf dem Weg dahin hatten wir das wohl seltene Vergnügen, durch die Freigabe eines fertiggestellten Autobahnabschnittes hinter Chemnitz, eine komplett freie dreispurige Bahn vor uns zu haben, ausgenommen der zwei Vorauswagen der Polizei.
Na dann, auspacken im Hotel und die Ausrüstung für den kommenden Tag herrichten.

Tour, erster Tag

Beginnend bei den Brandmauern und Fundamenten eines Lagers an einer Nebenstraße kam gleich die erste Ungereimtheit zur Sprache. Allgemein wird behauptet dies wäre das Lager für die damals hier im Gelände arbeitenden Juden gewesen. Auf einer uns vorliegenden Karte von 1942 ist das sogenannte „Judenlager“ aber an einem völlig anderem Ort eingezeichnet, den wir im weiteren Verlauf auch finden sollten. Diese Barackenreste liegen eigentlich außerhalb des Areals. Die das Sprengmittelwerk umgebende Außenringstraße befindet sich genau gegenüber und umfasst das ganze Objekte „ULME“. Die Fundamente haben durchaus die Ausrichtung und Baustil von RAD - Baracken. Eventuell gab es hier eine Art Planung und Einsatz der verschiedenen Arbeitsgruppen. Laut der existierenden Karte war hier einst auch ein Gleisanschluss.
Weiter zum französischen StaLag, einem Offizierslager in der Nähe der Enthärtungsanlage. Dieses Terrain hier wurde von amerikanischen Fliegern angegriffen und bombardiert. Noch heute zeugen die Krater der Einschläge sowie vorhandene Lauf- und Schützengräben von den Kampfhandlungen um dieses Gebiet. Gegenüber des französischen Lagers vermutet man nun das „Judenlager“. Gekennzeichnet von massiv gemauerten Säulen am Eingangsbereich, sind vom eigentlichen Lager auch nur noch Fundamente und Brandmauern erkennbar. Einige der einstigen Baracken waren offensichtlich unterkellert.

Relativ wuchtig zeigt sich das gemauerte Werk für die Enthärtungsanlage, vor ihm das versenkte Absetzbecken für die anfallenden Schlämme (Auffangbecken) mit seinen verschiedenen ausbetonierten Kammern und entsprechendem Ablauf vom Werk. Auch hier immer wieder Schützenlöcher.  Das dreietagige Werk ist über Treppen zu erkunden, etwas Vorsicht ist geboten, da sich keine Geländer mehr an den Treppen befinden, und hier und da Stahlbewährungen aus der Wand ragen. Deutlich erkennt man die „Skelett - Bauform“, praktisch das vorgefertigte Werk in betonierter Skelettform, welches dann nur noch ausgemauert wurde. Im inneren stehen zwei mächtige Konstruktionen für die Bottiche, welche hier einmal im Werk standen. Hat man dann die oberste Etage erreicht, gibt es einen herrlichen Blick auf die beiden Betongebilde. Trotz Sauwetter ein schöner Anblick. Beide Bottiche hatten die gleichen Ausmaße.
Weiter dann zum in der liegenden Wasserwerk. Alle Werke hier in diesem riesigen Areal sind in „linearer“ Anordnung aufgebaut, das heißt, es gab zumindest die wichtigen Anlagen, Werke und anderweitigen Bauten je zwei mal, um immer eine ständige Produktion sicherstellen zu können. Dieses Wasserwerk 1 stand in unmittelbarer Verbindung durch Sammelkanäle mit der eben aufgesuchten Enthärtungsanlage und bezog das benötigte Wasser aus dem in der Nähe befindlichen Bober. Das Werk 2 hatte extra angelegte Staubecken.
Gleich im anschließenden Waldgelände sind die notwendigen Absetzbecken von enormen Ausmaß vorhanden, mit Einstiegs- Kontroll- und Einlaufschächten. Man kann die meisten davon durch noch vorhandene Steigeisen begutachten. Auch die benötigten Reinigungsschächte ziehen sich durchs Gelände, gut an den aufgeschütteten Dämmen zu erkennen. Man kann unterirdisch von Schacht zu Schacht gelangen, was allerdings nicht all zu viel Sinn macht.  In die Absetzbecken kommt man über Stufen nach unten und sieht überall die notwendigen Überläufe.
Nun ging es weiter zu einer der noch vorhandenen Pumpstationen (Wassertürme). Diese haben vor dem Eingangsbereich einen Splitterschutz, sind rund gemauert, eine Etage ebenerdig und mindestens zwei Stockwerke unter dem Bodenniveau. Trotz einigem Bewuchs noch gut erhalten und schön anzusehen. Über Steigeisen gelangt man dann in die unteren Bereiche, zu erkennen noch die Anordnungen für Kabel, Rohre und die Pumpeninstallation. Insgesamt dürfte das ganze an die 10 m unter die Erde reichen, wobei in sämtlichen Pumpenhäusern, -stationen im unteren Bereich Wasser stand.
Am anderen Ende dieses Stauwerkes steht eine Pumpstation, die einzigste hier, die sichtbare Spuren von Kampfhandlungen aufweist. Diese Station war auch in der Höhe, über einen betonierten Steg erreichbar und ebenfalls zusätzlich zwei Etagen tief versenkt. Hier war der Splitterschutz nicht oder nicht mehr vorhanden.
Friedlich zogen zwei Schwäne ihre Bahnen auf dem Wasser.
Etwas weiter weg von dem Anstaubecken zeigen sich dann duale, klein gehaltene Pumpstationen, die auch wieder einen Splitterschutz vor dem Eingangsbereich aufweisen.
So, nun vom Wassertechnischen Bereich durch das Gelände vorbei an weiteren Absetzbecken, Betontrümmern und unterschiedlichsten Fundamentresten. Die Wege waren natürlich durch den anhaltenden Regen völlig aufgeweicht und forderten unseren Fahrzeugen einiges ab. Oft standen die Mitfahrer draußen um die Bahn von Bäumen oder größeren Gesteinsbrocken zu befreien.

Und dann, wie aus dem nichts standen wir vor dem Wasserwerk 2, hier noch mit vorhandenem Kiesbecken, Pumpenhaus, Enthärtungsanlage und Luftschutzbunker für die Belegschaft. Die Frontseiten des Wasserwerkes zeigten mehrere Beschussspuren durch regelrechte Salven auf. Dieses dreistöckige Werk kann man ersteigen, und in einer der Etagen sind dann noch die Becken für die Kiesfilter vorhanden mit den entsprechenden Überläufen. 16 dieser Kiesbecken konnte ich hier zählen. Ein absoluter Anblick bietet sich dann wenn man sich ganz oben auf dem Werk befindet. Der Blick auf die Becken, die Baumkronen auf dessen Niveau man sich hier befindet und dem Gelände ist faszinierend.

Fallrohrverbindungen, Druckrohre, Kabelhalter und Pumpeninstallationen im stetigen Spiel mit Stahlbetonkonstrukten entfalten auch hier wieder das eigentümliche Schauspiel von rostig schöner Ästhetik.

Angrenzend dann auch gleich das nötige Pumpenhaus, mit ziemlich wuchtigen Rohrfundamenten. Auch hier wieder starke Kampfspuren an den Wänden des in Skelett – Bauweise errichteten Werkes. Absetzbecken, Aufbereitungsschächte und angeschüttete Erdwälle prägen neben Schützen- und Laufgräben das Gelände. Es wirkte teilweise fast unwirklich.
Als nächstes in der fast linearen Anordnung befindet sich dann auch folgerichtig die Enthärtungsanlage 2, mit ebenfalls zwei dieser betonierten Vorrichtungen für die Bottichähnlichen Behälter. Auch dieses steht im Prinzip noch als Betonskelett an Ort und Stelle. Auch die Absetzbecken für die anfallenden Schlämme lagen in einer ähnlichen Anordnung wie bei Anlage 2.

Nun, weiter, die Zeit verrann schon wieder zusehends.
Das gesamte Objekt verfügte natürlich über mehrer kleine und zwei richtig große Klärbecken. Und das war wieder so ein Bauwerk zwischen baulicher Notwendigkeit und ästhetischer Schönheit. Zumindest nach meiner Auffassung.
Dieses riesig anmutende Klärbecken mit anschließender Pumpstation hat vier Querrinnen oder Kammern und drei großen Längsbecken. Wunderbar in einer Senke dem Gelände angepasst zieht es die Blicke des Betrachters automatisch auf sich.

Als nächstes ging es dann zum eigentlichen Herz in „ULME“, dem Kraftwerk. Hierzu muss gleich gesagt werden, das es auch davon zwei gab. Das „Alte“ und ein später errichtetes. Wir haben zum besseren Verständnis das „Alte“ als Kraftwerk 2 und entsprechend das neuere als 1 bezeichnet. Beginnend bei Werk 2 fallen sofort die zwei „kurzen“ Schornsteine auf. Dies hatte einen hervorragenden Tarneffekt. Auch dieses Kohlekraftwerk 1 zeichnet sich durch die hier übliche Skelett - Bauweise aus. Vielfältige Betonstrukturen und unterschiedlichste Einbauten ziehen sich über und durch das mehretagige enorme Bauwerk. Sanitärbereich, Ascheschütten, ein Aufzug und verschiedenste Fundamentsockel für Pumpen und Aggregate ziehen sich durch das Gebäude. Komplexe Schächte für Wasser- Luft- und Elektroleitungen wurden eingezogen.
Das Kohle Kraftwerk 2 ist eigentlich ähnlich konzipiert, besaß allerdings zwei Teleskop Schornsteine, das heißt, diese Schornsteine wurden bei Fliegeralarm ähnlich wie ein Fernrohr pneumatisch ineinander gefahren. Zwischen beiden Kraftwerken verlaufen Gleise und es war hier auch ein größerer Verladebahnhof sowie eine Kranbahn vorhanden.

Auf jeden Fall erwähnenswert das sich in der Nähe der Kraftwerke befindliche zweitagige und unterkellerten Turbinenhaus. Im oberen Bereich standen die zwei Turbinen, die frei schwingend angebracht waren, um etwaig auftretende Schwingungen abzuhalten. Die um die Halterungen erkennbaren Fugen belegen dies anschaulich. Entsprechende Verrohrungen und Installationshilfen sind auch noch erkennbar. Zwei relativ große Luftkanäle befinden sich jeweils links und rechts des Gebäudes, Beschussgarben von Kampfspuren sind auch hier teilweise zu erkennen.

In einer der zahlreichen „chemischen Gebäude“ sind zwei Betonbottiche auf Stützpfeilern installiert. Im inneren sind beide Bottiche mit Mosaikplatten verfliest. In den Bottichen war jeweils ein Rührwerk um die zur Pulverproduktion notwendigen Substanzen zu vermischen. Wegen der Säuren waren die Bottiche entsprechend gefliest. Über eine Treppe gelangt man im oberen Bereich direkt an den Rand der Rührbottiche und hat einen schönen Blick ins innere.
Auch wenn ich mich wiederhole.

Der erste Tag ging zur Neige und wir begaben uns ins Hotel, um noch ein wenig zu fachsimpeln, und dann auch schon wieder Vorbereitungen für den nächsten Tag zu treffen.
In erster Linie hieß das Klamotten trocknen.

Tour, zweiter Tag

Heute begannen wir unsere Erkundung bei dem eigentlichen Haupteingang ins Objekt „ULME“. Die Ruine des Verwaltungsgebäudes macht einen traurigen Eindruck, ein kaum noch zu erkennendes Sandstein Relief ist noch über dem Eingang zu sehen. Im Gebäude selbst haben „Vandalen“ mit Feuer hantiert und entsprechende Spuren hinterlassen. Auch der Kellerbereich ist Rusgeschwärzt. Sogar Autoreifen hat man hier unten abgefackelt.

Vorbei an einer der zahlreichen freiliegenden Lagerstätten für Säurekessel - Flüssigkeitslager zu einer Hochkonzentrierungsanlage, einem sogenannten „Schweizer Haus“. Dreietagig, gemauert hat es äußerlich tatsächlich etwas von einem kleinen Landhotel im Schweizer Stil als Fachwerk gemauert. Herrlich !
Im Gebäude selbst dann wieder mehrere Kessel- und Bottichsockel bzw. Fundamente für Aggregate oder Maschinen, ein Chemisches Werk zum hoch kochen der Säuren. Hier in diesem Gebiet sind hauptsächlich die chemischen Anlagen angesiedelt, wiederum mit Gleisanbindungen.
Alles wuchtig, effektiv und zweckdienlich, deutsche bautechnische Leistung der damaligen Zeit.
Die immer wieder auftauchenden Trafostationen sind alle mit einem Splitterschutz beim Eingangsbereich versehen.

Nachdem wir noch ausgiebig einen herrlichen Kugelfang inspiziert hatten, ging es zu einer gigantischen Beton - Kesselanlage, die seines gleichen sucht.
Fünf riesengroße Methanol Beton Kesselanlagen befinden sich in diesen Areal des Objektes.
Das Methanol war zwingend notwendig zur Pulverherstellung. Durch die ehemalige Rohranbindung kommt man ins innere der einzelnen Kessel, und kann sich die immensen Bauten betrachten. Zu sehen ist hier die Betoneinfassung (Schienen) für den eigentlichen Stahlkessel. Einige der kolossalen Dinger stehen fast frei im Gelände, während andere zum Schutz und Tarnung mit Erdmassen angeschüttet sind. Man kann mit etwas Anstrengung die Aufschüttung erklimmen, und schaut in den gigantischen Schlund der Kessel.
Hier oben nahm ich Platz und zog mir genüsslich eine Zigarette rein, lies den Blick über das Gelände mit seinen betonierten Riesen schweifen und genoss den Augenblick.
Ebenfalls, allerdings bedeutend kleiner, befindet sich hier auch ein Kessel für die schwefelhaltigen Säuren, welche ebenfalls zur Pulverproduktion erforderlich waren.

Und damit ging nun langsam, es dunkelte schon wieder, der zweite und vorläufig letzte Tag unserer Erkundungstour des Sprengmittelwerk Christianstadt - Deckname „ULME“ zu Ende.
Auch diese Aktion war wieder einmal vom feinsten. Im Hotel wurde es an diesem Abend ziemlich späht, gingen doch die Wege der einzelnen Mitstreiter am nächsten Morgen wieder auseinander.

Text: Axel

Fotos: © Jens & Loreen

Riesige Betonkessel

Sogenanntes "Schweizer Haus / Hotel"

Die unterirdischen Hallen eines Wasserwerkes

 

Enthärtungsanlage

Kläwerk

Luftschutz und umgestürtzte Splitterschutzzelle

Bunker für freischwingende Turbinen

Krafwerk

 

Quellen:

Dank an R. & E. aus Forst für das Recherchematerial
Privat Archiv sowie bei den Erkundungen  gefilmte Eindrücke und Aussagen

Der komplette Bericht mit umfangreichen Fotos ist in der Dokureihe Teil II enthalten

© Team Bunkersachsen

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