Jahresabschlussbeitrag 2013

Luft - Munitionsanstalt Crawinkel - Muna I / IV

Mit LKW ZUfahrt

Unterschiedliche ehemalige Arbeits-Fahrzeug- bzw. Produktionshallen. Mit Sollbruchstellen versehene Arbeits- und Verladebereiche. Ursprünglich waren die Hallen ringsum vermauert, ähnlich massiven Baracken. Ab 1946 wurden die Hallen durch einseitige Sprengungen der Stützpfeiler zum kippen gebracht und damit unbrauchbar. Die Deckenöffnungen wurden später von russischen Soldaten als Strafarbeit herausgetrennt.

Keller eines ehemaligen Wohnhauses für Angestellte & alte Werksstraße durch die Muna Nr: 1 Crawinkel im ehemaligen Luftgau IV (Luftkommando Dresden). Der Keller wurde von den russischen Nachnutzern auch als Nachrichen - Schalt - Stelle genutzt.

Fundamentreste des Wohnhauses von Oberstleutnant Paul Gast, Befehslhaber der Muna und Reste der Grundmauern der Kommandantur.

In dankbarer Erinnerung an Klaus und seine liebe Frau

Mit einem Zeitzeugen unterwegs, sozusagen lebendige Geschichte.

2008 begaben wir uns nach langen Recherchen mit einem ehemaligen in der Luft – Munitionsanstalt Crawinkel eingesetzten Zeitzeugen zu den Resten der kriegswichtigen Produktionsstätte im Thüringer Land ganz in der Nähe der einstigen Baustelle Jonastal. Der uns begleitende Zeitzeuge war in der Munitionsanstalt Crawinkel im „Jungsturm“ eingesetzt um die Munitionstransporte von der Muna nach Arnstadt zu begleiten.
 
„Wir fuhren immer mit einem Opel – Blitz voller Munition, mit allen möglichen Kalibern. Aber auch Kartuschen und so wurden von uns transportiert. Eigentlich war immer irgendwie eine gute Stimmung hinten auf der Ladefläche. Nur, die Soldaten der Wehrmacht die die Transporte bewachten und uns begleiteten saßen auf der Ladefläche und rauchten ihre Zigaretten. Da ging mir aber die Muffe könnt ihr mir glauben. Ich dachte immer – wann fliegen wir in die Luft? Später sagte mir dann mal einer der Soldaten, auch noch ein junger Kerl, das die Granaten und Bomben durch Zünderhauben geschützt sind. Aber richtiges Vertrauen hatte ich trotzdem nicht. Die Holzkisten für die Munition wurden übrigens auch hier im Gelände zusammengezimmert“... [2]

… „Unsere Munitionstransporte von Crawinkel nach Arnstadt verliefen zu anfangs über Gossel und Espenfeld. Später durften wir über die Straße durch das Jonastal. Eigentlich war die Straße durch SS – Posten gesperrt, aber wir konnten mit der Munition dann beim Abzweig nach Gossel passieren. Hier befand sich ein SS – Postenstand zur Sicherung der Baustelle im Jonastal, der andere war dann am Ende des Tales in Richtung Arnstadt. Im Tal am Berghang haben wir dann natürlich einige offene Stolleneingänge gesehen. Übrigens, die meisten Arbeiten in der Muna wurden von Frauen durchgeführt. Die Männer waren ja im Krieg, sicherlich auch viele schon gefallen.“... [2]

Mit sicherem Schritt führte er uns zu einem ehemaligen Eingangsbereich an der alten Werksstraße. Auch wenn die seinerzeit dazu zählenden Gebäude gründlich gesprengt wurden, erinnerte er sich an die örtlichen Gegebenheiten die er vor Jahrzehnten mitunter passieren mußte. In den Gebäudetrümmern gelangt man noch in einige Kellerbereiche, die sich allerdings im laufe der Jahre mit Laub und Unrat angefüllt haben. Betontrümmer überziehen das Gelände, eigentlich sind die Gebäude bis auf die Grundmauern nieder und nur noch die verschiedenen Kellerbereiche zeugen von der Existenz des früheren Werkszuganges. Die alte Werksstraße durchzieht noch heute das riesige Gelände. Im weiteren Verlauf, vorbei an einer Vielzahl von Betontrümmern kamen wir entlang der Hauptwerksstraße zur ersten Produktionshalle, den sogenannten Arbeitshäusern oder -hallen. Die Hallen wurden ab 1946 nacheinander gesprengt. Hier wurde an Granaten und Bomben verschiedener Kaliber gearbeitet und Zünder aufgeschraubt. An einigen Stellen ragen die mehr als Fingerdicken Armierungseisen aus dem massiven Stahlbeton. Am hinteren Teil der Halle befindet sich ein Untergeschoss welches mit er Erdoberfläche durch eine massive Stahlbetondecke abschließt. Eine Reihe weiterer unterschiedliche Fundamente in Bauart und Anordnung befinden sich in mittelbarer Umgebung.
Bei der im weiteren Verlauf der Straße folgenden Produktionshalle war noch im Gelände die ehemalige LKW – Zufahrt erkennbar. Auch wenn die Vegetation hier schon viel von ihrem Terrain zurückgewonnen hat. Mehrere dieser Arbeitshallen (Betonskelette) ziehen sih nun an der Straße entlang, mit unterschiedlichen Sprengauswirkungen. Eine Vielzahl unterschiedlichster Bunkerkonstruktionen durchziehen das Areal. Alle Erd-, Munitions- Lager- und Luftschutzbunker weisen Unterschiede in Betonstärke und Überdeckung auf. Einige der Stahlbetonbunker verfügen über einen, ander über zwei Zugänge. Sicherlich dienten auch einige der Bunker als Schutzräume bei möglichen Havarien in der Munitionsfertigung. Teilweise abgewinkelte Zugänge sollten weiterhin verhindern das bei einer Detonation Splitter ins innere des Bunkers dringen konnten. Eine versetzte Anordnung der einzelnen Bunkerketten sollte zudemfür zusätzliche Sicherheit sorgen. Die weitere Umgebung ist durchzogen von gesprengten wuchtigen Betontrümmern. Krater sind mit Grundwasser gefüllt, hier und da liegt noch ein rostiges Fragment auf dem geschichtsträchtigem Waldboden.

Am 01. Juni 1945 brachten die Amerikaner einen großen Teil der vorgefundenen Munition zur Expolusion. Die unsachgemäße Sprengung führete noch im großen Umkreis in den Ortschaften Fesnsterbrüchen, Dächer flogen von den Häusern.

Ein hochinteressanter Besuch mit aufschlussreichen Informationen ging nach mehreren Stunden zu Ende. Unser außerordentlicher Dank gilt unserem Begleiter Klaus und seiner überaus liebevollen Frau. Im laufe der folgenden Jahre  kam es noch zu vielen persönlichen Besuchen und wunderbaren Gesprächen.

 

Laut des Zeitzeugen 1943 durch den Reichsarbeitsdienst angelegter Teich zur Wasserversorgung und Loschwassernutzung.

 

Auszüge aus dem meiner Meinung nach aussagekräftigsten und am besten recherchierten Buch zur Munitionsanstalt Crawinkel.

70 Jahre Pulverfass Thüringen
Die Muna zwischen Crawinkel – Wölfis – Luisental und Ohrdruf
Von Denkmar Leffler / Peter Leffler Verlag 2004 [1]

Insgesamt wurde eine umfangreiche Anlage, bestehend aus etwa 120 Betonbunkern, Fahrzeughallen, Fertigungsstätten, Wohn- und Sozialeinrichtungen errichtet. Bis auf einige Hochbunker waren die meisten Bunker in mehrere Größen ebenerdig angelegt und wurden anschließend mit Erdschüttung überdeckt. Daher kommt die Aussage von Häftlingen, dass die ganze Gegend wie eine Anhäufung von Maulwurfshügeln ausgesehen hätte. (S. 24)

Die Frage, was nun eigentlich in der Muna Crawinkel gefertigt und gelagert wurde, ist nicht einfach zu beantworten, weil authentische Aufzeichnungen (Kriegstagebuch der Muna) von Amerikanern und Briten nur unvollständig und nur bis zum Zeitraum 1941 zurückgegeben wurden. (S. 46)

Nachprüfbar ist in der Muna Crawinkel der Einsatz von Aufschlagzündern (AZ) für die verschiedenen Bombentypen und von Zeitzündern für 8,8cm Sprengpatronen. Die Montage der Zünder und Zündanlagen erfolgte zunächst in den sogenannten Arbeitshäusern 1 – 4. Vorgefüllte Bomben und Zünderteile lagerten in getrennten Munitionsbunkern und wurden mehr oder weniger kontinuierlich den Montagestätten vorzugsweise durch LKW – Transport, aber auch mit allen möglichen anderen Gefährten, bis hin zum simplen Handwagen, ausgeführt.

Eine Hochrampe zumindest an zwei der Arbeitshäuser erleichterte die Verladung auf LKW – Zugmaschinen. In Kriegszeiten war die Montage, Verladung auf LKW und die Eisenbahnverladung über den Bahnhof Crawinkel, ein ununterbrochener Kreislauf.

Neben verschiedenen Bombentypen und 8,8cm Granaten stellte die Muna auch 2cm Flakmunition bereit. Dazu ist nur bekannt, das diese Munition hier auf Ladestreifen aufgezogen und je nach dem Einsatzgebiet in Kisten verpackt wurde.

Die Granaten selbst kamen fertig mit dem flüssig eingebrachten Pulverkern in der Muna an. Montiert wurde hier letztlich die Zünderladung. (S. 47)

Auf die 8,8cm Sprengpatronen wurden auf zwei Arbeitsstellen Zeitzünder mit Zündladungen aufgeschraubt. Bei schönem Wetter fand die Arbeit im freien, bei Regen im Zelt statt. Die Arbeitsstellen wurden in der Nähe der Bunker aufgestellt, an denen die geladenen Patronen lagerten. … (S. 48)

Nach offiziellen Angaben wurde mit dem Projekt S III Anfang November 1942 begonnen. Damit einher ging die Räumung des Truppenübungsplatzes Ohrdruf und wenig später auch der Luftmunitionsanstalt Crawinkel durch die Wehrmacht und deren Übernahme durch Einheiten der SS.

Bereits 1942 wurden Erweiterungsflächen außerhalb des ursprünglichen Muna – Areals am Kienberg angelegt. Hier befanden sich auch mit Kriegsende noch Arbeitsplätze und Lagerstellen für Granaten und Bomben. (S. 115)
[1]

Unterschiedlichste Betontrümmer und -konstruktionen sowie Fundamente durchziehen einen großen Teil des Geländes. Das zweite Bild der oberen Reihe zeigt einen Bereich mit mehreren Betonsockel, möglicherweise für Nachrichtentechnik. Die Fundamente sind durchaus auf die Zeit der russischen Streitkräfte auf Grund der Betonstruktur zurückzuführen.

Unterschiedliche, bei den Sprengungen erhlaten gebliebene Zugangsbereiche

Weitere Erd- Munitions- Lager- und Luftschutzbunker unterschiedlichster Bauweisen. Einige sind recht geräumig. Viele der Bunker waren zur Tarnung mit Bäumen bepflanzt.

Die Einweihung der Munitions – Anstalt – Crawinkel erfolgte aller Wahrscheinlichkeit nach am 18. Mai 1935. Eingesetzt waren in erster Linie Firmen und Gewerke aus der Umgebung. Die Tätigkeiten in der angelaufenen Produktion verrichteten vorrangig weibliche Arbeitskräfte, da sich der Großteil der Männer im Kriegseinsatz befanden.

Zertsörte Wohnhäuser mit Keller in einem der Zugangsbereiche, Werkszufahrt.

Der Munitionsbetrieb war in drei Bereiche gegliedert. Im Verwaltungsbereich waren die Sozial- und Wohngebäude, Wachlokale, eine medizinische Station, Garagen und die Energieversorgung angesiedelt. Der wichtigte Bereich der Munitionsherstellung umfasste die Arbeitshallen (Produktionshallen), mehrere Erdbunker mit und ohne LKW - Zufahrt, ein verbunkertes Füllgebäude und die Sprengstoffaufbereitung sowie eine ganze Reihe von unterschiedlich großen Munitions- und Lager- und Luftschutzbunkern.

Der Kommandeur sowie Offiziere, Soldaten und Feuerwehrangehörige waren in einer Siedlung außerhalb der Muna untergrbracht.

Nach Kriegsende und Abzug der Amerikaner übenahmen die Russischen Streitkräfte bis 1991 das Gelände. Thüringen selbst wurde 1992 von ihnen verlassen.

Alle Nutzer, der Rüstungsbetrieb, Amerikaner und Russen sind für ein heutzutage noch riesiges Munitionsverseuchtes Gelände verantwortlich!

Russische Hinterlassenschaften, Die sichtbaren!

Einer von zwei russischen, noch existierenden Wachtürmen und kyrillische Inizialen eines russischen Wachsoldaten

Leichter russischer Bunker (Garage) mit Werkstatt und Personalräumen

Bereich des separaten russischen Tanklagers. Hier waren hauptsächlich offene Anlagen angesiedelt. Ganz in der Nähe ist der Wald übersäät mit Betonquatern und Fragmenten. Bild 1, im Hintergrund der mehr als interessante Kienberg

Kein deutsches Reichspatent

Wunderschöne Bilder aus der Muna von Wolfgang Kampa gibt es hier:

www.einbeck1.de/html/j-bilder_muna_craw.html

Leider sind inzwischen die Arbeitshallen und eine große Anzahl von Bunkern und Fundamente abgerissen bzw. "geräumt". Zum aktuellen Zustand dürfen wir freundlicherweise auf die Seite der Freunde vom Team Sigma verweisen

    www.dropbox.com/sh/qade43rygwiavjr/K_Ju-gDj67.

Die Muna ist mittlerweile komplett beräumt, die Betonskelette alle weg. Dieses geschah in den letzten Monaten. Ein einziger Erdbunker wird als Dokumentationsstätte noch erhalten bleiben. Somit ist dieses Kapitel der Geschichte auch verschwunden. Begründet wird dieses als "Sicherungsmaßnahme" da öffentlich betretbar. [5]

 

 Die Transportfeldbahn Baustelle Jonastal - Crawinkel und zurück.

Feldbahn für den Transport von Baustoffen und Personal

Gleisbett der Transportfeldbahn 600mm für den Bauanschlss (Baugleis) Jonastal zur Luftmunitionsanstalt Crawinkel und Blick auf's Tal

Gebäudeumrisse am Gleisbett

Ehemaliger Brückenübergang für die Transportfeldbahn

Blick Richtung Crawinkel und entgegengesetzt vom Jonastal mit Stollenanlage

 Abstecher zum Gedenkplatz für den Waggon von Compiegne in Crawinkel

Von K. P. Schambach (Auszüge)
Für unseren Besuch um Hintergrund ein paar Erläuterungen

Am 11. November 1918 endete mit den Waffenstillstandsverhandlungen im Salonwagen No. 2419 D im Wald von Compiègne der 1. Weltkrieg. Die Waffenstillstandsbedingungen des Versailler Vertrages waren neben dem durch diesen mörderischen Krieg verursachten Elend bestimmend für die weitere politische Entwicklung Europas. Der Eisenbahnwaggon war danach gleichzeitig Symbol für den Sieg auf der einen und das Symbol für die Niederlage und so genannte Schmach auf der anderen Seite zweier europäischer Nachbarn. Am 21. Juni 1940 mussten Regierungsvertreter Frankreichs im gleichen Eisenbahnwaggon die erneuten, dieses Mal entgegengesetzten Waffenstillstandsbedingungen des deutschen Reiches in Empfang nehmen. Der Waggon wurde danach als Kriegsbeute nach Berlin verbracht und ging am Ende des 2. Weltkrieges auf seine letzte Fahrt. Sie endete im Raum Thüringen.

Zu Beginn des Monats April wurde der Waffenstillstandwaggon, so seine Bezeichnung in vielen Geschichtsbüchern, im Wald zwischen Ohrdruf und Crawinkel zerstört. Zeitzeugen und Sachzeugnisse haben diese Tatsache bestätigt. Zu Recht wird der ursprüngliche Speisewagen No. 2419 D und spätere Salonwagen als der berühmteste Eisenbahnwaggon der Welt bezeichnet. Zur Gedenkstätte des Waffenstillstandes haben sich mittlerweile enge, freundschaftliche Beziehungen entwickelt. Vor Ort im Wald bei Crawinkel gefundene Sachzeugnisse wurden dem französischen Museum der Gedenkstätte übergeben.

Die Geschichts- & Technologiegesellschaft Großraum Jonastal e.V. erachtet es daher für richtig und wichtig, diesen bedeutenden, geschichtlichen Sachverhalt der Zerstörung des Waggons, unterstützt von dem genannten Personenkreis und in Zusammenarbeit mit der Gemeindeverwaltung Crawinkel, mit der Errichtung einer Erinnerungsstätte in das Bewusstsein besonders junger Menschen beider Nationen und darüber hinaus zu tragen. Die Gemeinde Crawinkel stellt dazu ein geeignetes Gelände in dem Bereich zur Verfügung, in dessen Nähe der Waggon zum vorletzten Mal stand. Dort soll in einem parkähnlichen Bereich unter anderem ein Stein mit einer Inschrift an die Zerstörung des Waggons erinnern und eine zerstörungssicherere Schautafel die Geschichte des Waggons kurz beschreiben.

Die Dokumentation der Geschichte des Waggons von Compiègne ist derzeit nachweisbar neben den Stollen im Jonastal und dem Amt 10 als wichtigster, historischer Beleg für die Bedeutung des Gebietes um den Truppenübungsplatz Ohrdruf gegen Ende des 2. Weltkrieges. [3]

Weitere Infos:  www.google.de/imgres

Getippt: Axel

© Fotos: Gotti & Axel

Quellen:

[1] 70 Jahre Pulverfass Thüringen, Die Muna zwischen Crawinkel – Wölfis – Luisental und Ohrdruf. D. Leffler / Peter Leffler Verlag 2004

[2] Zeitzeuge Klaus (Im Jungsturm eingesetzt in der Muna zum Munitionstranspot)

[3] Waggon von Compiegne, K. P. Schambach

[4] www.team-sigma.de/

Bei den Besuchen und vorab erhaltene Informationen

© Team Bunkersachsen 2008, 2009, 2010 (2012 / 13 )

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