Auslagerung nach Mühlhausen bei Bad Elster
„Elster Porzellanwerke Mühlhausen“

 

Eine noch bis vor geraumer Zeit unbekannte Verlagerung konnte in Mühlhausen nahe Bad Elster ausfindig gemacht werden. Hierbei handelt es sich um den Gebäudekomplex der ehemaligen Porzellanwerke im Ort. Im Sommer 1944 wurden 85% der mechanischen Fertigung des hochqualifizierten VOMAG – Sondermaschinenbaus in das dreietagige Werk verlagert. Ein Sonder- oder Behelfsbau wurde in unmittelbarer Nähe des Hauptwerkes hochgezogen.

Der VOMAG – Rüstungsbetrieb lieferte Präzisions-  Werkzeugmaschinen aus Mühlhausen an Rüstungsproduzenten unter anderem für Turbinenschaufeln des JUMO 004 BMW Triebwerkes für die Messerschmitt 262. Den ersten in Serie produzierten Düsen- bzw. Strahljäger der Welt. Eine bis zum Kriegsende von den Alliierten gefürchtete fliegende Waffe.

Die Produktion der hochwertigen Technologieerzeugnisse und Sondermaschinen erfolgte wahrscheinlich bis April 1945. Nennenswerte Ausfälle durch Bombardierung sind nicht bekannt. Lediglich kurzzeitige Stromausfälle sind dokumentiert. Das eigentliche Problem mit Zunahme der Angriffe auf die umliegende Infrastruktur und damit auch das Schienennetz war die Verbringung der Arbeitskräfte nach Mühlhausen. Es ist anzunehmen, das fast ausschließlich deutsche Arbeiter, VOMAG – Angestellte die hochqualifizierten Präzisionsarbeiten ausführten.

Nur eine kleine handschriftliche Notiz in amerikanischen Unterlagen gab den entscheidenden Hinweis auf Mühlhausen und seiner Bestimmung für die kriegswichtige Rüstungsproduktion. Es ist notiert ...

„Chefingenieur Lastkraftwagen und Panzer

85% der Fertigungsanlagen wurden im September 1944 von Plauen nach Mühlhausen transportiert. Nur die Montage wurde in Plauen fortgesetzt. Das Werk in Plauen wird benötigt für die Produktion von Lastkraftwagen, Panzern und Propellern.“                                                                                                                                          (1)

Möglicherweise war eine direkte Straßenverbindung von Bad Elster zum Mühlhausener Porzellanwerk geplant und schon in Arbeit. Sie verliert sich nach wenigen Metern unvollendet im Gelände. Der begonnene feste Weg mit schon teilweise eingelassenen Wasserschächten lässt diese Vermutung durchaus sinnvoll erscheinen. Die eventuell geplante Straße schlägt jedenfalls vom Bahnhof Bad Elster aus die Richtung zum Standort der Plauener Rüstungsverlagerung ein. Für den notwendigen Materialtransport sicherlich eine günstige Variante die Versorgung in Mühlhausen zeitlich akzeptabel und kostengünstig zu gewährleisten.

Das nunmehr leerstehende Werk und seine Nebengebäude stehen den Umwelteinflüssen und unterschiedlichen „Touristen“ fast hilflos gegenüber. Im innern des dreietagigen Haupt- und Produktionsgebäudes findet man allerdings schon noch Spuren der einstigen Herren und dessen Nachnutzer. Interessant der alte Lastenaufzug noch mit original Beschriftung. Drei Transportloren, 60cm Spur mit dem Firmenkürzel „MAG“, sind sehr gut erhalten zurück geblieben.

Hauptgebäude

Gebräuchlicher RAD - Hocker

 

Muster für Porzellanteller

Aufwendige Fäkalienentsorgung

 

 Auslagerung nach Mehltheuer bei Syrau

„VOMAG AG – Mehltheuer AG (Oberpirk)“

In die nur wenige Kilometer von Plauen entfernte ehemalige Tüll- und Gardinenfabrik Mehltheuer wurden etwa 175 Maschinen des Plauener Stammwerkes verbracht. Bis zum Kriegsende wurden vornehmlich Teile für die Panzerfertigung hergestellt. Mehltheuer und damit das Verlagerungswerk blieb von Bombardierungen verschont.

„Im September 1944 begann der Aufbau der Produktionsstrecke, im April 1945 wurde er vollendet. Zwischenzeitlich erfolgte die Produktionsaufnahme. Infolge der Verlagerung ging eine Produktion von drei bis vier Monaten verloren.“                                                                                                                                            (1) 

Von den größtenteils weiblichen Arbeitskräften wurde die wichtigen Panzerteile im Hauptwerk des Gebäudes hergestellt. Die Kellerräume wurden zu luftschutztauglichen Schutzräumen ausgebaut. Im westlichen Werksgelände wurden Deckungsgräben gezogen. Die zum VOMAG – Rüstungswerk genutzte Tüllfabrik wurde großräumig mit sechs Wach- bzw. Beobachtungstürmen versehen. In einiger Entfernung zum Heizhaus stand ein weiterer Wachturm im Betriebsgelände. Unmittelbar am Firmengelände führte die heute noch in Betrieb stehende ehemalige Königlich – Sächsische – Staatseisenbahn entlang.

„Die letzte Station ihrer Gefangenschaft begann für 200 Jüdinnen aus dem KZ Bergen – Belsen am 2. Dezember 1944. An diesem Tag ging ihr Transport nach Mehlteuer im Vogtland ab. Die meisten der Frauen kamen aus Polen und waren nach der Auflösung des Ghettos Lodz über Auschwitz nach Bergen – Belsen deportiert worden. Dort hatte sie ein Werksangehöriger der Plauener VOMAG zur Arbeit im Panzerbau ausgesucht, deshalb wurden die Häftlingsfrauen, auch einige Deutsche und Tschechinnen waren darunter, weiter gereicht an das KZ Flossenburg, Außenlager Mehltheuer“                                                                                                                                           (2)

„Auf dem Boden unterm Dach der Tüllfabrik war ein Schlafraum für die Häftlinge hergerichtet worden. In den hinteren Produktionsräumen stellten die Frauen Bolzen, Schrauben und andere Teile für Schützenpanzerwagen her. Vorn arbeitete die zivile Belegschaft weiter, sie setzte nun Sicherungen zusammen.“                                           

„Beide Betriebsteile waren scharf voneinander getrennt, schon ab September 1944 durften die Betriebsangehörigen der Tüllfabrik nicht mehr durch den Haupteingang das Werk, sondern mussten den hinteren Zugang benutzen.“                                                                                                                                           (2)

„Bewacht wurde das Außenlager von einem 19-köpfigen SS – Kommando, die Arbeit beaufsichtigten 18 Aufseherinnen, die ihrerseits zu dem Dienst verpflichtet worden waren.“                                                                                                                                               (2)

Im Werk waren aus Plauen zur Fertigung präziser und hochwertiger Panzerteile folgende Maschinen verlagert.

Revolverdrehbänke (30er, 45, 65, 52 & 40er)                                                                                     Drehbänke mit unterschiedlichen Spitzenhöhen                                                                               Schleifmaschinen (spitzenlos, rund, hohl)                                                                                        Fräsmaschinen (vertikal, horizontal & Hand)                                                                             Kopierfräsmaschinen                                                                                                               Bohrmaschinen (5 – 20 Dm)                                                                                                           Automaten (18 – 52 Dm)                                                                                             Zahnradstoßmaschinen & Zahnradfräsmaschinen                                                                   Werkzeugschleifmaschinen &                                                                                                               Sägen                                                                                                                                                 (1)

Der  damalige Lagerkommandant Fischer stellte sich mit der gesamten Wachmannschaft Angehörigen der 3. US - Armee und übergab am 16. April 1945 das Lager.

Heutzutage hat sich auf dem Gelände ein Pressevertrieb angesiedelt.

Weitere VOMAG - Auslagerungen waren die Actienbrauerei Plauen – Deckname „NANNY“ und „AZURIT“.

Text: Axel                                                                                                                                       Fotos: Axel

  

Die Bilder zeigen den heutigen Pressevertrieb auf den Sockeln und Fundamenten der ehemaligen Fabrik

Quellen:

Recherchen vor Ort
Vortrag zum 6. deutschlandweiten Tag der Archive 2012, referiert vor G. Naumann, Plauen.
(1)   Plauen – Germany / Center Coordinates 50° 29’ N – 12° 08’ E  Im Bombenkrieg 1944 /  
       1945 / Gerd Naumann
(2)   Historikus Vogtland März – April 2009.

 
Team Bunkersachsen 2009 -

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