Führungsbunker der Luftstreitkräfte / Luftverteidigung „Nickel“ in der Bunkerstadt Zossen

 

Der Führungsbunker „Nickel“ war der zentrale Führungspunkt für die Landstreitkräfte / Luftverteidigung der GSTD und der NVA der DDR. Hier wurde im täglichen Dienst die Luftlage in Zentraleuropa zusammenfassend dargestellt und der mögliche Einsatz der Luftverteidigungskräfte im Falle von Luftverletzungen geplant und geführt.
Im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit stand dabei, frühzeitig Anzeichen verstärkter Luftaktivitäten der NATO zu erkennen die besonders in Spannungs- und Krisensituationen zu einem plötzlichen massierten  Luftschlag gegen die Truppen des Warschauer Paktes führen könnten.

Die geschützte Führungsstelle setzte sich aus folgenden Elementen zusammen:
- Gefechtsführungszentrum der LSK / LV
- Aufklärungs- und Informationszentrum
- Automatisiertes Führungssystem „Almos“
- Nachrichtensystem
- Bereich der technischen Sicherstellung

Diese rund um die Uhr im DHS arbeitende verbunkerte Führungsstelle unterstand dem Chef der Luftverteidigung der GSTD. Von hier erhielten die Jagdfliegerkräfte der 16. Luftarmee und der Luftstreitkräfte der DDR sowie die Fla – Raketentruppen der GSTD und der NVA ihre Aufgaben zur Verteidigung des Luftraumes über dem Territorium der DDR. Zur Gewährleistung des Zusammenwirkens arbeiteten auch Offiziere der NVA in dieser Bunkeranlage.

Die Bunkeranlage „Nickel“ wurde von 1983 – 1984 im Nordteil der Kasernen unweit der ehemaligen Wehrmachtsbunker durch eine sowjetische Spezialeinheit errichtet. 1985 nahm sie dann bis zur Auflösung ihren Betrieb auf.

Die Anlage vom sowjetischen Bautyp UK – 20 besteht aus drei Scheltern, die durch ein zentrales Bauwerk miteinander verbunden sind.
Die in Schalenbauweise erbauten Schelter haben jeweils eine Länge 60m und eine Breite / Höhe von 13m. Nach dem Ausheben einer entsprechenden Baugrube wurden die Schelter eingebaut. Die Verwendung von Halbschalen – Elementen war kostengünstig und ließ einen schnellen Bau zu. Nach dem Einbau einer Zwischendecke wurde mit Ziegelwänden die Raumaufteilung vorgenommen.

Das Zentralbauwerk verbindet die einzelnen Schelter miteinander. Die anderen Enden der Schelter wurden mit Betonwänden verschlossen und nahmen die Eingangsbauwerke bzw. Montageöffnungen auf. Abschließend wurde das Bauwerk mit einer Erdschicht bedeckt und eine 0,6m starke Zerschellschicht aus Stahlbeton aufgebracht. Eine weitere Erdschicht die mit Bewuchs bepflanzt wurde, tarnte die Anlage gegenüber der Luftaufklärung. Eine Betonstraße umrundet die Anlage und führt zu den einzelnen Eingängen.

Der Führungsbunker wurde durch einen Doppelzaun sowie einzelnen getarnten Erdbunkern gesichert. Der Haupteingang führt in die beiden Führungsschelter. Die beiden Seiteneingänge in das Zentralgebäude dienten dem Personal als Zutritt.

Der Führungsschelter A:
Dieser Schelter beherbergte das Gefechtsführungszentrum Luftstreitkräfte / Luftverteidigung. Im großen Führungssaal (beide Etagen umfassend) wurde an Hand der erkannten Luftlage aus dem benachbarten Aufklärungs- und Informationszentrum die unterstellten Truppen der Landstreitkräfte / Luftverteidigung geplant und eingesetzt. Dazu befand sich an der Nordseite des Saales eine große Projektionsfläche zur Lagedarstellung. Davor waren die Führungspulte der diensthabenden Führungskräfte installiert.

Bei Luftraumverletzungen im täglichen Dienst ergingen die Einsatzbefehle an die entsprechenden Abfangkräfte. Im Falle eines sich abzeichnenden Luftschlages der NATO - Streitkräfte wäre der Einsatz aller zur Verfügung stehenden Kräfte geplant und geführt worden. Bedingt durch die kurzen Reaktionszeiten wurden die Befehle über Datenleitungen direkt in die unterstellten Truppen und weiter bis zu den Standorten der Flugzeuge und Fla - Raketen übermittelt. Im Gefechtsstand befanden sich Verbindungsoffiziere der zusammenwirkenden Verbände, so auch der NVA der DDR.

Das Gefechtsführungszentrum der Luftstreitkräfte der 16. Luftarmee war im Nachbarsaal untergebracht. Weiterhin enthielt die untere Etage Diensträume (u. a. Für Dispatcher und Wetterdienst) , Technikräume (Belüftung, Rechentechnik, Fernschreibtechnik), eine Kantine mit Küchentrakt, Sanitäreinrichtungen sowie einen Unterkunftsbereich für den Chef Luftverteidigung.

In der oberen Etage befanden sich die Klimaanlage, Diensträume (für einzelne Stabsabteilungen) sowie die Rechen- und Projektionstechnik zur Darstellung der Luftlage.

Seitlich am Schelter war eine Garage mit 5 LKW - Stellplätzen angebaut. Hier war die mobile Rechentechnik geparkt und mit der stationären Anlage verbunden. Bei Notwendigkeit konnte die mobile Technik abgekoppelt und an andere Standorte verlegt werden. Die gespeicherten Daten zur Luftlage standen dann wieder unmittelbar zur Verfügung.

Der Führungsschelter B:
Das Kernstück dieses Bauwerkes bildete das Aufklärungs- und Informationszentrum. In diesem über beide Etagen reichenden Saal wurde die aktuelle Luftlage über Zentraleuropa an einer großen Projektionsfläche analog dem benachbarten Gefechtsführungszentren dargestellt,

Die untere Etage beherbergte weiterhin das automatisierte Gefechtsführungssystem der Luftstreitkräfte. Durch dieses moderne rechnergestützte System konnten die eingehenden Aufklärungsinformationen schnell analysiert und entsprechende Befehle direkt an die Truppen (Flieger- bzw. Fla – Raketenkräfte) gegeben werden. Damit wurde eine kurze Reaktionszeit auf mögliche überraschende Handlungen der NATO - Luftstreitkräfte sichergestellt.
Räume zur technischen Sicherstellung und eine Sanitäreinrichtung komplettierten die untere Etage.

Die obere Etage umfasste wie im Nachbarschelter eine großräumige Klimaanlage. Für den reibungslosen Betrieb der umfangreichen Rechnertechnik in den einzelnen Führungspunkten waren gleichmäßige Klimabedingungen unumgänglich. Weitere Räume dienten der technischen Sicherstellung.

Das Zentralbauwerk C:
Das schmale und 50m lange Zentralbauwerk verband alle drei Schelter miteinander. Es enthielt in der oberen Etage eine Nachrichtenzentrale mit Erdkabelzuführung von außen, Abluftanlagen für die darunterliegenden Technikräume und die zentrale Luftzufuhr.

Die untere Etage beherbergte Akkumulatorenräume und den Sanitärbereich der Bunkeranlage. Weiterhin war hier das Schleusensystem untergebracht, über die im Falle eines Kernwaffeneinsatzes mit der damit verbundenen Verstrahlung des Gebäudes die Bunkeranlage betreten werden konnte.

Der Technische Schelter D:
Der technische Schelter enthielt die für den autonomen Bereich der Bunkeranlage notwendigen Komponenten zur Luft-, Wasser- und Stromversorgung.

In der oberen Etage waren Lüfter- und Filterraum, der Luftversorgung installiert. Hier befanden sich außerdem der zentrale Dispatcherraum, Elektroschaltraum, Ablufträume für die Aggregate der unteren Etage und einige Diensträume / Lager.

In der unteren Etage waren drei Dieselmotore als Netzersatzanlage, die Wasserversorgung mit Vorratstanks und einem Wasserwerk sowie die stationäre Elektroverteilung eingebaut.

Außerhalb des Schelters befanden sich drei Brunnen zur Wasserversorgung sowie ein unterirdisches Treibstofflager.

Das Sicherstellungspersonal der Bunkeranlage umfasste etwa 300 Personen, die zum Nachrichten- und Sicherstellungsbataillon zusammengefasst waren. Das Bataillon war in einem Kasernenbereich südlich der Bunkeranlage untergebracht. Diese Gebäude wurden 1993 / 1994 bereits zurückgebaut.

 


Fotos:
Fla – Raketentechnik

Eine Fla – Rakete zum Transport bereit

Beladen einer Startrampe

In Startposition



Sowjetische Fla – Raketeneinheit bei einer Übung

 

Fotos zum Führungsbunker der Luftstreitkräfte / Luftverteidigung „Nickel“ in der Bunkerstadt Zossen in der Galerie


Quelle:
„DIE BUNKERANLAGEN – ZOSSEN – WÜNSDORF“ (Bücher & Bunkerstadt Wünsdorf)
www.bücherstadt.com
Fotos:
„Militärlexikon“ Militärverlag der Deutschen Demokratischen Republik (II. Auflage 1973) / EVP 28 Mark der DDR


Fotos: Axel, Rainer, & Jens

Getippt: Axel

© Team Bunkersachsen 2013

 

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