Freitag 23. Mai 2014     Zeitgeschehen     Freie Presse
Das Thema: Feldpost im ersten Weltkrieg

Lebensader in die Heimat
 

Briefe und Karten waren vor 100 Jahren für viele Familien die einzige Möglichkeit, Kontakt zu halten. Entsprechend wichtig war die Feldpost. Leser haben der „Freien Presse“ nach einem Aufruf tausende Dokumente geschickt – entstanden ist daraus eine Serie, die am Montag beginnt.

 

III. Feldpostbriefe & -karten von Soldat Ernst Keller

Feldpost (14)

Dachte nicht, daß du noch Soldat wirst

Liebe Eltern und Geschwister!
Hierdurch zur Nachricht das ich das Paket mit Inhalt erhalten und mich sehr gefreut habe. Gratuliere auch Walter nachträglich zum Geburtstag. Zu Pfingsten kann ich natürlich nicht auf Urlaub kommen, aber es würde mich sehr freun w (…) Euch (…) würde. Heute habe ich Wache bis 4 Uhr am Pulverwagen westlich (…).
Es grüßt Euch Euer Ernst


 

Ernst Keller bekommt nicht nur von den Eltern, sondern auch von den Brüdern und dem Cousin, die ebenfalls dienen, Feldpost.

 

den 17.1.18
Lieber Cosenk Ernst, (habe) soeben dein liebes Kärtlein vom 12.1. heute mit großer Freude erhalten, dachte nicht daß du nochmal Soldat mit machen müßtest. Geht so leidlich was ich von dir auch hoffe.
Auf Wiedersehen.
Verbleib ich dein Cosenk Fritz


Abs. Gefreiter Schneider, 1. Bttr... Batl. 58

 
Zur Post:
Die Karte (Zeithain 1914) schrieb Ernst Keller. Ob sie seine Einheit zeigt, ist unklar. Keller dankt oft auf seinen Karten für Post , teil seinen Aufenthalt mit und erkundigt sich nach Angehörigen. So erhielt er auch an der Front Post, unter anderem von seinem Cousin Fritz Schneider. Die Karten wurden eingesandt von L. Keller, dem Enkel von Ernst Keller. Bei der Übertragung wurde die historische Schreibweise beibehalten.
 

 

Feldpost (15)

Schießen klingt hier ganz entfernt

Liebe Eltern und Geschwister!
Will Euch mitteilen das ich am Sonnabend hier angekommen bin. Heute ist Sonntag es ist hier sehr schön, hier gibt’s schon wieder Blumen. Ein Bett hab ich wo ich drin schlafen kann. Schießen klingt hier ganz entfernt.
Auf Wiedersehen,
Es grüßt Euch Euer Ernst


Liebe Eltern u. Geschwister!
Hierdurch zur Kenntnis, daß ich Paket mit großer Freude erhalten habe und sage hierdurch meinen besten Dank daß war wieder was für Euren Junge, denn es hat vortrefflich gemundet.
Grüßt Euch aus dem Feindesland
auf ein baldiges Wiedersehen
Euer Ernst

 

 

Zur Post:
Die Feldpostkarte schrieb Soldat Ernst Keller, sie trägt den Poststempel vom 9. Juli 1916. Im verblichenen Foto ist er mit seinen Kameraden abgebildet, und zwar ist er der Zweite von links in der dritten Reihe. Seine Familie wohnte in Erla. Vater Friedrich war dort Schmiedemeister. Das Ehepaar Keller hatte fünf Kinder, vier Söhne und eine Tochter. Alle Söhne zogen in den Krieg, nur Ernst und Walter überlebten diesen.
Die Karten wurden eingesandt von L. Keller, dem Enkel von Ernst Keller. Bei der Übertragung wurde die historische Schreibweise beibehalten.

 

IV. Feldpostbriefe & -karten von Soldat Richard Swobota, 15. Dezember 1898. Gefallen am 26. August 1917 in Flandern (Belgien) bei Ypern.

Feldpost (16)

Lieber wäre ich doch zu Hause als wie hier

Nouart, 2/10. 1916

Lieber Vater

Ich liege in einem Augenlaz. Hatte einen Holzsplitter in das linke Auge bekommen, woran es entzündet war, mir geht es gut habe keine Not gehabt.
Zu essen gibt es genug
Es grüßt Richard!


Wenige Tage später schrieb er erneut an seine Eltern


In bin nun 8 Tg im Laz. Werde wohl noch 14 Tg. Aufnehmen müßen. Das einzige was mir nicht gefällt, das ich immer von Euch noch keinen Brief erhalten habe ihr müßt mir mehr schreiben und wenn ihr jeden Tag einen Brief oder Karte abschickt ich höre gerne etwas von Euch. Es sind doch schon welche tot, von denen die mit mir ausgerückt sind. Ich will mich schon in acht nehmen so gut wie es geht.

Die Adr. ist doch so einfach und leicht zu schreiben dass ihr doch in der Lage seid mir bitte Nachricht zu senden.

Etwas übers Essen. Früh: Kaffee Brot u. Marmelade. Frühstück: Brot u. Butter Essen Mittags: Graupen, Nudeln, Reis, Rotkraut, Weißkraut, u.s.w. Abends: Kaffee oder Tee oder Kakao Wurst, Käse oder Butter aber lieber wäre ich doch zu Hause als wie hier, vielleicht wird doch bald Friede, wenn ich mir nicht erst in Schützengraben brauchte da wäre es gut.

Auf gesundes und baldiges Wiedersehen
Seid gegrüßt aufs herzl.
Von Richard


Bei meinem Auge wird jeden Tag früh u. nachm. zweimal eingespritzt es eidert immer: Ich habe hier im Laz. wenigstens  ein richtiges Bett, was ich zuvor in Stellung nicht hatte.

Das Haustier in Frankreich ist die Ratte, ihr glaubt nicht was es in Frankreich für Ratten gibt, so groß wie bei uns die Katzen.

Habt denn Ihr immer meine Briefe und Karten erhalten, denn ich habe öfter geschrieben, ich schreibe nun eher nicht wieder bis ich Antwort von Euch erhalten habe.

Sonntag, am 8. Oktober 1916
Es grüßt Richard

 

 

Zur Post:
Dies sind zwei der noch erhaltenen Briefe, die der Soldat Richard Swobota, auf dem Foto der dritte von links, an seine Eltern und Geschwister nach Freiberg schrieb. Der junge Mann lag, als er diese beiden Briefe schrieb, in Frankreich mit einer Augenverletzung im Lazarett.
Richard Swobota hatte zwei Schwestern, eine 1906 und eine 1912 geboren, sagt sein Neffe R. Mehner, der das Material an die „Freie Presse“ schickte. Über seinen Onkel weiß Mehner nicht viel, nur das er Lehrer werden wollte. Für arme Leute wie seine Vorfahren sei es damals nicht einfach gewesen, so Mehner.
Die historische Schreibweise wurde bei der Übertragung beibehalten.
 

 

 

Quelle: Freie Presse.

 

Team Bunkersachsen 2014

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