Freitag 23. Mai 2014     Zeitgeschehen     Freie Presse
Das Thema: Feldpost im ersten Weltkrieg

Lebensader in die Heimat
 

Briefe und Karten waren vor 100 Jahren für viele Familien die einzige Möglichkeit, Kontakt zu halten. Entsprechend wichtig war die Feldpost. Leser haben der „Freien Presse“ nach einem Aufruf tausende Dokumente geschickt – entstanden ist daraus eine Serie, die am Montag beginnt.

 

Feldpost (21)

10 Liter Bier zum Besten gegeben

Feldpostbrief vom 15. Dezember 1916:

Liebe Eltern u. Geschw!
Eueren Brief mit Inhalt 2 Mark

und Karte erhalten, danke Euch besonders dafür. Ich finde mich hier noch ganz vergnügt, spiele immer Dame u. Mühle oder Ziehharmonika, habe alles erst hier gelernt, aber bald wird die gute Zeit wieder mal aufhören.

Karl hat mir auch wieder einen Brief geschrieben. Er kann erst im Januar auf Urlaub kommen.

Ist denn der Vater eingetroffen oder nicht? Wo ist er denn hingekommen? Bitte schriebt mir es. Das Wetter ist nächtens teils neblig und regnerisch. Zum Schneien kommt es gar nicht.

Auf Wiedersehen grüßt Euch Richard



Feldpostkarte vom 16. Dezember 1916:

Liebe Eltern u. Geschw!
Teile mit, daß ich noch im Lazarett hier bin, werde aber bald raus kommen. Ist denn der Vater heute eingetroffen?

Gestern habe ich meinen Geburtstag gefeiert. Habe 10 Liter Bier zum Besten gegeben. Es ist ja nur einmal das Jahr.

Auf Wiedersehen grüßt Richard



Feldpostkarte 18. Dezember 1916:

Liebe Eltern und Geschw!
Teile Euch mit, daß ich morgen am 19. Dezember entlassen werde, wo ich hinkomme schreibe ich Euch noch, ich weiß es selber noch nicht. Da braucht Ihr keine Briefe mehr hier her zu senden, schreibt nicht eher bis ihr die neue Adresse von mir habt, wir wollen's beste hoffen.

Auf ein gesundes Wiedersehen
Grüßt u. Hofft Richard

 

 
Zur Post:
Soldat Richard Swobota aus Freiberg hat seinen 18. Geburtstag gefeiert – in einem Lazarett in Frankreich. Denn er hat sich vermutlich durch Giftgas die Augen verletzt. Bald soll er entlassen werden. Die Post an seine Familie wurde von seinem Neffen R. Mehner an die „Freie Presse“ geschickt.
Die historische Schreibweise wurde bei der Übertragung beibehalten.

 

Feldpost (22)

Schlafen tue ich in einem Schweinestall

25. Dezbr. 1916, Liebe Eltern u. Geschw!
Teile Euch mit, daß ich am 19.12. aus dem Lazarett entlassen wurde und bin am 22.Dezbr. Hier wieder angekommen bei der Kompanie wo ich erst schon war.

Weihnachten hab ich keins bekommen, die Komp. Hat es am 22.12. Abends gefeiert, aber ich hab nicht's bekommen, ich hätte die ganzen Tage auch noch im Lazarett bleiben können, aber ich wollte eben raus.

Die Komp. Liegt vorne in Stellung, und ich brauche nicht mit vor, weil ich nur garnison-dienstfähig geschrieben bin, ich helfe jetzt vorläufig mit in der Küche, Holzhacken, Feuer machen u. Dergl. andere  kleine Arbeiten.

Schlafen tue ich in einem Schweinestall, da werde ich bald auch Läuse bekommen.

Ihr habt mir gewiß auch geschrieben, aber ich hab die Post nicht bekommen, weil ich aber im Lazarett noch bin. Ich hab ins Lazarett geschrieben, daß sie mir die Post nach schicken, ob der Vater auch eingezogen ist oder nicht.

Wo zieht denn die Maria hin? Wie steht es denn mit den Weigmannsdorfern?

Im Lazarett hatte ich wirklich gut zugenommen, ich wog 132 Pfund, aber nun nehme ich wieder ab. Ich kann nun nichts mehr soviel schreiben, weil es die Zeit und die Gelegenheit nicht mehr hergibt. Das Militärleben ist nicht's Schönes, es ist alles Schwindel und Betrug.

Wenn Ihr diesen Brief erhaltet, so gebt mir bitte wieder Antwort. Dann werde ich Euch auch wieder schreiben. Vielleicht bin ich nächstes Jahr wieder bei Euch.

Hier ist das Sommegebiet. Die Kompanie liegt in einem Dorf, etwas hinter der Stellung, damit die Franzmänner nicht von hinten kommen. Ich schicke Euch heute noch 1 Karte. Schreibt mir bitte wenn ihr es erhalten habt. Gesund seid ihr wohl alle noch.

In der Hoffnung daß Ihr meinen Brief erhaltet, auf ein Wiedersehen
Euer Richard

 



Zur Post:
Soldat Richard Swobota wurde aus dem Lazarett in Frankreich, in dem er wegen einer Augenverletzung lag, entlassen. Nun befindet er sich im Somme – Gebiet bei der Kompanie, bei der er schon vor seiner Verletzung war. Kämpfen muss er dort nicht, denn er ist immer noch nicht ganz gesund.
Die Post an seine Familie wurde von seinem Neffen R. Mehner an die „Freie Presse“ geschickt.
Die historische Schreibweise wurde bei der Übertragung beibehalten

 

Feldpost (23) Diese Ausgabe der "Freien Presse" habe ich leider verpasst

Feldpost (24)

Wenn ich nur bald erlöst werde

Templeug, 28. Jan. 1917. Liebe Mutter u. Geschw! … Jetzt war es nicht schön, es war ziemlich sehr kalt, da muß doch bei Euch erst eine Kälte gewesen sein und in Russland erst. Wenn nur erstmal die Zeit wieder da wäre, wo ich könnte wieder bei Euch Sonntags Kacao trinken, aber jetzt habt ihr selber keinen, kann ich mir schon denken.

Wer hätte das gedacht, das das Völkermorden solange anhielt, das ich noch mit dran müßte hätte ich auch nicht gedacht, wenn ich nur bald erlöst werde durch den Frieden. … Wir wollen hoffen auf Gesundheit und auf ein frohes Wiedersehen
von Euren Richard!


Wenige Tage später schrieben ihm seine Großeltern und seine Tante


den 1. Febr. 1917.  Lieber Richard!
Deinen Brief haben wir den 8. Jan. erhalten ich habe Dir den 31.1. ein Päkchen geschickt wollte aber nicht schreiben, wenn der Krieg nicht bald aufhört wird es für Martin auch schlecht nächste Ostern können wir kein Schwein schlachten wir hatten so wenig Kartoffeln wenn es wieder warm wird wissen wir nicht was Martin schicken sollen die Päkchen gehen zu lange.

Wegen Deiner Verwundung hatte ich es Martin schon geschrieben, er wollte wissen ob Du in die Heimat gekommen wärst ich habe es ihm mitgeteilt das du gleich wieder zur Truppe gekommen bist Martin schreibt die Arbeit wär gar nicht so schlimm nur das schlechte Wetter. Bei uns hat es auch die ganze Neujahrswoche geregnet aber jetzt haben wir Schnee und sehr große Kälte schon vierzehn Tage. Wir sind Gott sei Dank noch gesund und hoffen das Du Dein Päkchen auch im besten Wohlsein verzehren kannst.

In der Hoffnung das der liebe Gott Alle recht bald wieder in die liebe Heimat führt. Die herzlichsten Grüße von Großeltern Tante Emma u. Martin. Gott sei mit Dir!

 

 

 
Zur Post:
Ende Januar 1917 ist Richard Swobota aus Freiberg nach einer Augenerkrankung noch immer nicht voll dienstfähig geschrieben. Martin, von dem seine Großeltern und Tante ihm schreiben, war der Bruder von Richards Vater, also ein Onkel. Eingesandt wurde Richard Swobotas Post von seinem Neffe R. Mehner.
Bei der Übertragung wurde die historische Schreibweise beibehalten.
 

 

Quelle: Freie Presse.

Team Bunkersachsen 2014

         Zurück nach oben