Die Untertage- Verlagerung „SCHACHTELHALM“ im Hohlgangsystem des Oder – Warthe – Bogen / ZA

Rüstungsbetrieb für die deutschen Luftwaffe (BMW). Produktionsbeginn 1944.

Integriert ins Hohlgangsystem des Zentralabschnittes ausgehend vom Werk A 64 der Werkgruppe „Gneisenau“.


 

Auf dem Weg zur Untertage – Verlagerung „SCHACHTELHALM“ kommt man an der 1943 errichteten Verladehalle vor dem Eingangswerk vorbei. Diese Halle zeichnet sich durch seine ursprünglich 36 Betonstützpfeiler aus. Selbst durch einige eingeknickte bzw. herausgetrennte Pfeiler ist die bautechnische Raffinesse der Halle zu bewundern. Sie trägt sich praktisch trotz der fehlenden Stabilisierung teilweise selbst. Die Front- und Seitenwände waren gemauert. Die Verladehalle hatte einen unmittelbaren Gleisanschluss ins Hohlgangssystem und damit zur U – Verlagerung „SCHACHTELHALM“. Sie diente zum Be- und Entladen der für den unterirdischen Rüstungsbetrieb wichtigen Materialien sowie als Umschlagplatz für die untertägigen Arbeiten im Hohlgangsystem. Außerdem wurden hier sicherlich auch witterungsbeständige Materialien wie beispielsweise Wetterlutten, Druckrohrsysteme und Anschlüsse, kurzzeitig auch Kalk- oder Zementsäcke und diverse andere Baustoffe gelagert.

Die Rüstungsproduktion erfolgte im Taktstraßensystem ähnlich wie in einigen U – Verlagerungen in ehemaligen Reichsbahntunneln. (Siehe Berichte U – Verlagerung FLAMINGO oder REBHUHN.) An der Gleisabgewanden Seite im Tunnel, in diesem Fall links vom Eingangswerk ausgehend, befinden sich regelmäßig Ausweichnischen. Zwischen ihnen könnten die Unterbauten und Präzisionsmaschinen gestanden haben. Bei etwaigem Transportbahnverkehr waren die Buchten, oder Ausweichnischen eine sichere Möglichkeit für die hier eingesetzten Arbeiterinnen, bei Baustoff- oder Mannschaftsverkehr zur Seite zu treten. Rechts befinden sich in Folge mehrere Trafoladestationen mit noch erhaltenen Halterungen und Installationsrelikten. Links und rechts der Tunnelwände sind Aussparungen im Beton eingelassen. Hier konnten binnen kürzester Zeit Decken oder Stahlträger als Lagermöglichkeit oder Auflagen für Druckrohrsysteme, Kabel und ähnliches unterhalb der Tunneldecke angebracht werden. Im weiteren Verlauf des Hohlgangsystems sind ebenfalls unmittelbar unter der Tunneldecke massive Stahlträger in gleichmäßigen Abständen angebracht. Hin und wieder liegen noch Reste einer Druckleitung mit Druckausgleichsbehältern auf den Trägern. Diese Ausgleichbehälter mit „Ausgleichspiralen“ befinden sich im übrigen nur in diesem Bereich des Hohlgangsystems. Der Tunnel verjüngt sich nach einiger Zeit um ca. 1m Breite vom linken Tunnelrand ausgehend. Kabelhalter, –trassen und Anker und andere Relikte aus der Festugszeit sind im gesamten Tunnellabyrinth noch vorhanden. Weitere Leitungen wurden in Kanalschächten unter dem Boden verlegt. Hier ist stellenweise Vorsicht geboten. Oft sind die Abdeckplatten entfernt und stellen eine Gefahrenquelle dar. Ob die Dampfrohre auch die Beheizung von Bereitschafts- oder Kampfebenen bedienten ist nicht nachzuvollziehen. Ein entsprechender Heizraum stand an der Tunneleinfahrt A64 ins Hohlgangsystem.

Die hier tätigen Arbeiterinnen kamen zur Arbeit von einem nahe gelegenem Lager, wahrscheinlich per Bahn über den vorhandenen Gleisanschluss. Gearbeitet wurde von Montag bis Samstag, eine Bewachung hat nach Aussagen einer der ehemaligen Arbeiterinnen nicht statt gefunden. Nach Schichtende wurde lediglich durchgezählt.
Auf Grund der Tatsache dass es sich bei den Bombenzielgeräten um Präzisionstechnologie handelte, ist anzunehmen das Vorarbeiter des Stammbetriebes zur Kontrolle des reibungslosen Arbeitsablaufes eingesetzt waren.

Auf den Werkstattbereich weist eine Originalaufschrift an der Tunnelwand hin. Ohne viel Mühe kann man die Aufschrift
 

„Eingang zur Werkstatt
darf nicht mit Wagen
verstellt werden!“.

lesen. Aus dem Werkstattraum, geschätzte Maße des Raumes 5 x 5 x 4m, sind an der Decke noch Reste von ehemals drei KV Stromsträngen zu sehen. Sicherlich werden diese Relikte vergangener Tage früher oder später polnischen Schrotthaien zum Opfer fallen.

Eine weitere Aufschrift „Bahnhof Ludwig“ verblasst langsam unter den Kalkauswaschungen welche sich hier durch den Beton ihren Weg gebahnt haben.

In zwei angelegten Abzweigen (ca. 10 & 15m vom Gleis ausgehend) könnten sich durchaus die Endkontrolle sowie Büroräumlichkeiten befunden haben. Diese auch völlig ausbetonierten Abzweige waren als Hauptversorgungsstollen sowie Verbindungsgang für das geplante Werk A 6 gewesen. Dieser Kampfkomplex sollte eine Haubitzenbatterie der Bauklasse A werden. Außer diesen beiden kurzen Vortrieben ist es zu keinerlei Baumaßnahen gekommen. Die beiden Tunnelenden sind vermauert.

Die Untertage – Verlagerung endete sicherlich bei Bahnhof „Friedrich“. Das hier beginnende mehrspurige Gleissystem bot keinerlei Platz für Maschinen oder gar eine Taktstraße. Ab hier ging zum einen der Hauptverkehrsweg in Richtung Südabschnitt zur Panzerbatterie V sowie dem Werk A 8 West & Nord durch einen weiteren Verbindungstunnel. In unmittelbarer Nähe des Bahnhofes „Friedrich“ befindet sich auch eine groß angelegte Mannschaftstoilette im Hohlgangsystem für die diensthabenden Truppen. Ob diese Sanitär- und WC – Bereiche auch von den Arbeiterinnen des Rüstungsbetriebes der U – Verlagerung „SCHACHTELHALM“ benutzt wurden ist nicht bekannt. Es ist aber anzunehmen dass im eigentlichen Produktionsbereich für die deutsche Luftwaffe Notaborte, ähnlich denen in Luftschutzanlagen in einigen der Tunnelnischen aufgestellt waren.

Eine Rüstungsproduktion in den größer angelegten Bahnhofsbereichen des weiteren Tunnellabyrinthes kann sicherlich ausgeschlossen werden. Zwar wäre hier durchaus Platz für die Maschinen des Rüstungswerkes gewesen, allerdings dürfte dieser für den laufenden bautechnischen Betrieb sowie die militärische Nutzung der gigantischen unterirdischen Militärstadt genutzt worden sein. Natürlich unterlag das gesamte unterirdische Tunnellabyrinth auch der strengsten Geheimhaltung.

Das gesamte Hohlgangsystem zeigt sich im typischen ovalen Tunnelausbau. Dieser gewährleistete die notwendige Sicherheit sowie optimalen Schutz vor den Bombentypen der damaligen Feinde.

Text: Axel
© Fotos: Loreen

Eingezogene Stahlträger

Diverse Kabel- und Rohrhalterungen

Stahlauflieger mit Druckausgleichbehälter und Ausweichnische, Kabelhalter

Die Verjüngung aus entgegengesetzter Richtung. Schön im Hintergrund zu sehen die Ausweichbuchten

Mit Druckrohrleitung

Trafoladestation

Die beiden Abzweige für das geplante Werk A 6.

Übergang zur Hauptverbindungsstrecke

Verbindungshohlgang zu verschiedenen Panzerwerken

Das Mannschafts WC

Hier befanden sich die Sanitär- und WC Anlagen für niedere und höhere Dienstgrade

 

Der Beitrag basiert in erster Linie auf unseren Eindrücken und Sichtweisen bei unseren Besuchen in diesem riesigen Hohlgangsystem.

 

© Team Bunkersachsen 2012





 

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