U - Verlagerung TURMALIN

SS - Verlagerungsobjekt „ODAWERK“

Konstruktionsnummer: 20

Komplexlager KL - 02 der Nationalen Volksarmee (NVA) der DDR

Sanitätshauptdepot der Bundeswehr, die größte unterirdische Apotheke


Das Komplexlager 02 bei Blankenburg wird nach den Rüstungsvorbereitungen ab 1944 und späterer Nutzung durch die NVA heute noch von der Bundeswehr als Sanitätshauptdepot genutzt.

Gesamtfläche ca. 67 ha

Das Versorgungs- und Instandsetzungszentrum Sanitätsmaterial Blankenburg feiert, als letzte im Harz verbliebene Bundeswehrdienststelle, heute am 10. September 2011 seinen ersten Tag der offenen Tür
Objektdaten:
Bau ab Juni 1944 durch Großdeutsche Schachtbau GmbH (Deckname Turmalin)
Baustopp erfolgte im April 1945, fertiggestellt waren 18000 qm von geplanten 68000 qm Nutzfläche
Es existierte bereits eine Eisenbahnrampe mit 260 m Länge mit einem Anschlussgleis Halberstadt - Blankenburg.    - Weiterhin im Stollensystem integriert waren Personalbereich, Organisationsbüro, Verwaltung und eine Krankenstation
Es standen je 4 Netzersatzanlagen je 400 kVA, Dieselvorrat 50000 l zur Verfügung

Nutzungsgeschichte:
Für die Rüstung sollten Messgeräte durch die Fa. Schäffer & Budenberg GmbH Magdeburg (Deckname Oda-Werke)   gefertigt werden.
Nach 1945 wurde es vorrübergehend als Lebensmittellager genutzt.
Ab 1974 Erkundungs- und Ausbauarbeiten
Am 01.12.1977 erfolgte die Einrichtung des KL-02 Blankenburg. Der Ausbau von 6,0 km Stollen erfolgte durch die Schachtbau Nordhausen und IBR-12 Neiden
Im Juni 1980 erfolgte dann die Inbetriebnahme des Lagers als Schutzklasse C Objekt
1992 Übernahme durch die Bundeswehr als Sanitätsdepot (ab 1994 Hauptdepot)
Rücknahme des Anschlussgleises
Seit 08.04.2008 Versorgungs- und Instandsetzungszentrum für Sanitätsmaterial der Bundeswehr

Zusammenfassend:
1937 wurde Blankenburg Kurbad, Schlamm- und Moorvorkommen wurden zur Grundlage des "Teufelsbades".
1943 wurde begonnen für die deutsche Wehrmacht ein unterirdisches, bombensicheres Stollensystem zu schaffen, in dem einmal V-Waffen gebaut werden sollten. Mitte Mai 1944 wurde mit ca. 300 italienischen Militärinternierten, 480 deutschen Zivilarbeitern und Firmen aus der Region mit dem konsequenten  Ausbau der Stollen begonnen. Es lief das Verlagerungsprojekt „Odawerk“, ein Programm unter Aufsicht der SS mit dem internen Deckname „TURMALIN“ an. Das Projekt sah den Stollensausbau unter dem Sandsteinmassiv des Regenstein vor. Unter der Tarnbezeichnung „Odawerk“ sollten hier Produktionsstätten für Messgeräte der Magdeburger Fa. Schäffer & Budenberg eingerichtet werden. Die Fa. stellte diese Geräte für die deutsche Rakete V2 / A 4 her, die für die Raketenproduktion des Mittelwerkes „DORA“ geliefert wurden. Bauträger war der Reichsminister für Rüstung, OT - Einsatzgruppe IV. Die Baufirma „Odawerk“ (Zweigbetrieb Großdeutsche Schachtbau) im Verbund mit 16 regionalen deutschen Firmen des Handwerks und der Bauindustrie. Produktionsbeginn war teilweise ab März 1945.

Die Kriegsmarine verlagerte außerdem geheime U-Boot Konstruktionen 1943 nach Blankenburg, in die unterirdische Höhlensysteme. Am letzten Kriegstag im Harz, dem 20.April 1945, wurde ein Teil der Stadt durch amerikanische Flugzeuge zerstört und später von amerikanischen Truppen besetzt, 60 000 deutsche Soldaten gingen im Raum Blankenburg in Gefangenschaft. Der amerikanischen Besatzung folgten die Briten und am 23. Juli 1945 die Sowjets.

Bei der Einteilung Deutschlands in Besatzungszonen 1945 wurde der Kreis Blankenburg zwar nach der Potsdamer Konferenz und dem Londoner Protokoll der britischen Zone zugeordnet, da der größere Ostteil des Kreises aber nur durch eine Straße und eine Schmalspurbahn mit dem Rest der britischen Zone verbunden war, wurde die Grenzziehung korrigiert und Blankenburg der sowjetischen Zone zugesprochen. Der größte Teil des Kreises gehörte somit später zur DDR und danach zum Land Sachsen-Anhalt.

Nach dem Krieg wurden die unterirdischen Stollen von verschiedenen Unternehmen zu Lagerzwecken verwendet. Doch dann entdeckte die NVA das Stollensystem für den erneuten militärischen Einsatz. Es wurde von Spezialfirmen weiter ausgebaut. Auf über 8 km Länge wurden fortan wichtige Lagerbestände der Nationalen Volksarmee verwahrt. Dazu gehörten Ersatzteile für Militärtechnik aller Art, aber auch Waffen und Munition. Von der MPi Patrone bis zur Munition für Raketenwerfer M 21 war hier alles gelagert.

Nach einer Auslagerung im E - Fall (Gefechts- bzw. Verteidigungsfall) wäre eine weitere Nutzung als Lazarett oder einer Führungsstelle möglich gewesen. Ähnlich der in der Nähe gelegenen Anlage „MALACHIT“.

Die Stollen der Anlage Blankenburg - Regenstein wurden seit 1974 von der NVA der DDR als großes und atombombensicheres Munitionsdepot genutzt und ausgebaut. Die UTA / KL - 02 war eine der modernsten militärisch genutzten unterirdischen Anlagen der NVA.

Es handelte sich um ein weit verzweigtes Stollensystem mit 3 voneinander getrennten Bereichen. Ein Bereich zur technischen Sicherstellung und Unterbringung des Personals und 2 Lagerbereiche. Über die Ebene gesehen hat es eine ungefähre Ausdehnung von 500 x 300 m. In das Objekt führten 3 Eingänge, die mit Stahlschiebetoren geschlossen werden konnten. Am Mundloch A, dem Hauptstollen, führten Reichsbahngleise in die zentrale Verladung. Hier konnten an 800 m langen Laderampen Reichsbahnwaggons mit Gabelstaplern be- und entladen werden. Für das Bohren der Sprenglöcher wurden im Betrieb entwickelte hydraulische Bohrlafetten auf LKW- Unterwagen montiert. Als Bohrmaschinen kamen hydraulische Drehbohrmaschinen zum Einsatz. Laden und Abfördern erfolgte  mit Frontschaufelladern und Kippern. Die Strecken und Kammern erhielten Sollprofile zwischen 20 und 50 qm.

Die Anlage erhielt einen durchgängigen Ausbau. In der Ausgangsstellung hatte das Objekt 7. 000 qm Lagerfläche, die sich auf zwei Lagerbereiche mit mehreren Einzelkammern aufteilte. Weitere 10. 000 qm Räume für Eingangsbereich mit zentraler Verladung, Technik und Unterkunftsbereich wurden aufgefahren.

Die KL 02 wurde 1980 eingestellt, der Probebetrieb absolviert und das Bauwerk übergeben. Es war ein atomsicher ausgebautes Komplexlager zur Bevorratung materieller Mittel aller Art für den Verteidigungsfall. Es diente zur Kriegsbevorratung von Munition der Waffensysteme PD, MSD und Artillerie TT sowie von Gerät und materiellen Mitteln der Dienste Panzer, Kfz, RWD, Pionier, Chemie, Topgraphie, Medizin, B/A und Verpflegung.

1992 bezog die Bundeswehr das 8 km lange Stollensystem und legte dort „die größte unterirdische Apotheke der Welt“ an. Für Routine - Aufgaben der Bundeswehr, aber auch für Katastrophenhilfe in aller Welt und für den militärischen „Ernstfall“.

Aber bereits 1992 war auch diese Epoche für die „Lessingstrasse 1“ zu Ende. Der militärische Nutzen dieser Anlage veranlasste aber auch die Bundeswehr zu einem Weiterbetrieb. Dazu wurde das Stollensystem um- und ausgebaut. Heute herrscht in den Höhlen kein höhlentypisches Klima mehr. Modernste Be- und Entlüftungsanlagen, Klima- sowie Heiztechnik, garantieren ein optimales Lagerklima mit Temperaturen zwischen 15 und 20 Grad C, die ideal sind für ein Sanitätslager. Die Bundeswehr lagert hier Sanitätsartikel, Medizintechnik und Apothekenartikel aller Art. Über 200 Mitarbeiter organisieren den Warenein- und Warenausgang und bearbeiten alle Anforderungen der Bundeswehr.

Alm Tag der offenen Tür konnte man einen Teil der ehemaligen U - Verlagerung „TURMALIN“ unter teilweiser Aufsicht von Kameraden der Bundeswehr besichtigen. das heißt, die Burschen standen an neuralgischen Punkten in der UTA um das das Fotoverbot durchzusetzen. Die Anlage beeindruckt durch die riesig wirkenden Lüftungstechnik im gesamten zu besichtigenden Bereich. Man bekommt eine Vorstellung von den Ausmaßen einiger Stollen und deren Lagerkapazität.

Es konnten schätzungsweise fast die Hälfte der bis März 1945 fertiggestellten Stollen besichtigt werden. Die neuzeitlich angelegte Erweiterung durch die Fa. Schachtbau Nordhausen bleib an diesem Tag dem Besucher verwehrt. Beeindrucken in der UTA der Hauptstollen mit seiner Eisenbahnrampe von 260 m Länge. Diese Bahnanbindung ist nach einer Aussage am Tage noch bis ca. 5 Jahre nach der Wende genutzt worden. Im Außengelände haben wir uns den Brunnenschacht, nur im „Entegang“ möglich, und den Personenzugang mit Lüftungszufuhr angeschaut. Auf dem Hauptweg befinden sich 3 weitere Bunkertore zur UTA / KL 02, die aber ebenfalls nur einen Blick durch die Gitter gewährten.
Alles in allem war der Tag den Erwartungen entsprechend.

Drucktor I. Hauptzugang mit Gleisanschluss

Nachtrag 2012: Es war uns zu einem späteren Zeitpunkt nochmals möglich die ehemalige U - Verlagerung TURMALIN, heutige Bundeswehr Apotheke zu besuchen. Die Anlage wurde nunmehr bis zu 95% besichtigt. Vielen Dank auf diesem Weg den Kameraden der Bundeswehr vor Ort.

Personalzugang bei Luftzufuhr und Brunnenraum

Drucktor II

Personalzugang

Personalzugang und Sammelraum I bei Evakuierung

Verbindungsstollen

Getippt: Axel

Quellen:
Broschüre zum Tag der offenen Tür
Atombunker- Kalter Krieg, Programm DELPHIN, P. Bergner
Am Tag gesammelte Eindrücke und Aussagen

Wikipedia

Nachtrag;

16.08.2013 Durch einen aufmerksamen Leser wurden wir darauf hingewisen das die Anlage...

... seit 2008 zu einem VIZ, einem Versorgungs- und Instandsetzungszentrum Sanitätsmaterial umstrukturiert worden und unterstand/untersteht dem Sanitätskommando 3 (jetzt Kommando Sanitätsdienstliche Einsatzunterstützung) Weißenfels.

Vielen Dank Jan.

© Team Bunkersachsen 2011, 2012, 2013

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